30. Juli 1965: Die Pläne reifen zur Wirklichkeit

30.7.2015, 07:00 Uhr
30. Juli 1965: Die Pläne reifen zur Wirklichkeit

© Hans Kammler

Gestern wurde im zukünftigen Hafengebiet mit dem Abbruch des ersten Hauses begonnen. Es steht im Bereich des Hafenbeckens 1. Die Pläne für den Bauabschnitt I des gewaltigen Projekts im Süden der Stadt werden – eben erst vollendet – bereits Wirklichkeit.

Sie waren in den letzten 12 Monaten vom Planungsbüro der Bayerischen Landeshafenverwaltung erarbeitet worden und sehen im Wesentlichen fünf Hauptkomplexe vor: die Verbreiterung des Kanals, den Bau der Hafeneinfahrt, des Hafenbeckens I und der Hafenstraßen, und Geländeabtragungen und -anschüttungen im ganzen Hafengebiet. Die ersten Arbeiten beginnen noch im Herbst dieses Jahres; bis spätestens Ende 1969 wird der Bauabschnitt I fertiggestellt sein. Da die Großschiffahrtstraße Rhein-Main-Donau bis dahin Nürnberg erreicht hat, wird der Betrieb im Hafen sofort aufgenommen.

Die bisherigen Arbeiten erstreckten sich vor allem auf Probeaushübe, Vermessungen, Grundwasserbohrungen. Sie hatten den Zweck, die Unterlagen für den endgültigen Plan des Hafengebietes und für den Bauentwurf zu liefern. Dabei wurde deutlich, daß das 318 Hektar große Gebiet von Südost nach Nordost abfällt. Umfangreiche Erdbewegungen sind deshalb notwendig, um schließlich eine plane Fläche zu erzielen.

Der Flächenabtrag aus dem östlichen Drittel und der Aushub der Becken und des Kanals wird dazu verwendet, den westlichen Geländeteil aufzuschütten. Die Bohrungen ergaben, daß in den Blasensandsteinuntergrund des Hafengebiets eine zwischen 400 und 800 Meter breite Erosionsrinne eingefurcht ist, die bis zu 40 Metern tief ist. Es handelt sich dabei um ein eiszeitliches Urstromtal der Pegnitz, das von dem Nürnberger Privatgelehrten und Geologen Richard G. Spöcker vor wenigen Jahren erstmals entdeckt wurde.

30. Juli 1965: Die Pläne reifen zur Wirklichkeit

© Hans Kammler

Drei Monate lang pumpen

Die sandgefüllte Rinne verändert die Grundwasserverhältnisse einschneidend. Sie verläuft von Nordost nach Südost und ist südlich Hinterhof eingeschnürt. Im Oberwasser dieser Einschnürung ist ein Grundwasserstau von rund 1,35 Millionen Kubikmetern vorhanden, der beseitigt werden muß. Da der Grundwasserspiegel um rund 10 Meter zu senken ist, damit Bauarbeiten überhaupt möglich werden, ist auch im Urstromtal eine Wasserhaltung notwendig, die man mit Filterbrunnen erreichen will. Das Leerpumpen des Stauraums wird rund drei Monate lang dauern.

30. Juli 1965: Die Pläne reifen zur Wirklichkeit

© Bischof und Broel

Die Straßen und Wege im Hafengebiet werden samt und sonders eingezogen und durch ein neues Straßennetz ersetzt. Für die Erdbewegungen sind lediglich sieben Pisten vorgesehen, die den Umständen entsprechend angelegt und benützt werden.

Die meisten Drainagegräben und Bäche werden durch den Bau von ihrem Ursprung abgeschnitten und trocknen aus. Im Abtragungsbereich wird ihr Bett durch die Erdarbeiten verschüttet. Das Niederschlagswasser im Hafenbereich wird in den Hafen eingeleitet; die Abwässer fließen in die Kanalisation der Stadt, die Tagwässer in die Hafenbecken.

Der Kanal selbst wird ziemlich genau östlich der Ortschaft Maiach um zwanzig Meter verbreitert. Das Ufer dieser eineinhalb Kilometer langen Erweiterungsstrecke wird befestigt und als Umschlagslände mit der Bezeichnung Kai 1 verwendet. Die Hafeneinfahrt ist trichterförmig geweitet und so angelegt, daß außerhalb der Schiffahrtsstraße und der Liegeplätze ein Wendekreis von 120 Meter Durchmesser entsteht.

Nach diesem Plan wird noch heuer im Herbst mit dem Holzeinschlag im Hafenbereich begonnen. Im nächsten Frühjahr sollen sobald es möglich ist, die Masten der 110-Kilovolt-Leitung versetzt werden. Gleichzeitig laufen die Graben- und Kanalverlegungen im Auffüllbereich an; auch mit den ersten Brückenbauten wird begonnen. Die Erdarbeiten sollen Mitte 1966 beginnen und Ende 1967 abgeschlossen sein, abschnittsweise werden die Straßen angelegt und die Versorgungsleitungen gezogen. Daran schließt sich dann der endgültige Hafenausbau mit Kaianlagen, technischen Einrichtungen und Hochbauten, der etwa zwei Jahre in Anspruch nehmen wird, an.

Noch dieses Jahr sollen in Hinterhof etwa drei bis vier Gebäude durch die Bundeswehr gesprengt werden, der Rest im Frühjahr, sobald die letzten Anwohner ausgezogen sind. Danach kann der Aushub beginnen. Der Kanalhafen ist in greifbare Nähe gerückt.

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