30. Juni 1966: Kostspieliger Unrat

30.6.2016, 07:00 Uhr
30. Juni 1966: Kostspieliger Unrat

© Ulrich

Zwischen Schlachthof und Gaskessel, auf dem Gelände des ehemaligen Pferdemarktes, wurde der Grundstein gelegt für einen der modernsten "Schuttablade- und -verwertungsplätze" weit und breit. Seine drei Öfen schlucken zum Nürnberger Unrat auch den der Nachbargemeinden und beseitigen ihn nahezu staub- und geruchsfrei.

Es hat Jahre gedauert, bis die Anlage im Plan soweit ausgearbeitet war, daß man sie der Öffentlichkeit präsentieren konnte. Inzwischen ist es brandeilig geworden, für den alten Schuttplatz Maiach einen Ersatz zu finden: die Staatsforstverwaltung hat ihn bis Herbst 1968 gekündigt. Wenn die neue Anlage bis dahin steht, fällt den Zuständigen in der Stadtverwaltung und den Städtischen Werken ein Stein vom Herzen.

Die Sorge, mit den Schattenseiten des Lebensstandards unauffällig fertigzuwerden, lastet auf allen Städten. Nürnberg hat sich bei seinen Vorbereitungen bewußt für das modernere, bessere System der Verbrennung entschieden, weil es den Müll fast geruchlos beseitigt – im Gegensatz zur Kompostierung – und weil ein recht erwünschter Nebeneffekt erzielt wird: nur etwas mehr als zehn Prozent des Müllvolumens bleiben übrig, der bei Temperaturen zwischen 800 und 1.000 Grad verbrannt wird.

Mit einer Tonne Unrat kann eine gute Tonne Dampf mit einer Wärme von 300 Grad erreicht werden, und dieser läßt sich in einem Heizkraftwerk nutzbringend verwerten. Die Nachbarschaft von Schlachthof und Gaswerk ist also nicht zufällig gewählt.

Mit drei Hammerschlägen vollzog der Oberbürgermeister symbolisch die Grundsteinlegung. Er möchte die neue Anlage verstanden wissen als das Bemühen der Verwaltung, den Bürgern ein Leben unter erträglichen Bedingungen zu verschaffen. "Die Finanzierung wird allerdings schwierig sein", räumte er ein, "doch wir müssen diese Opfer auf uns nehmen".

"Damit spätere Zeiten einen Eindruck davon bekommen, wie sündhaft teuer es heute bei uns zugeht", legte Baureferent Heinz Schmeißner in die Kassette, die in den Grundstein nach altem Brauch eingemauert wird, einen ausführlichen Kostenvoranschlag. Zusammen mit den Tageszeitungen vom sozusagen historischen 29. Juni und mit etlichen Münzen.

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