30. März 1967: Zum Bau gezwungen

30.3.2017, 07:00 Uhr
30. März 1967: Zum Bau gezwungen

© Ulrich

Dipl.-Ing. Helmut Müller-Gutermann, der Nachfolger des am 1. Mai in den Ruhestand tretenden Direktors Heinz Hugo Starke, schilderte gestern bei der Halbjahreskonferenz, in welche Vorhaben das viele Geld gesteckt werden muß. Es wird für Einrichtungen benötigt, die – wie die 1968 vorgesehene Verlängerung der 2.300-Meter-Startbahen um 400 Meter – der höheren Sicherheit dienen, und für verschiedene Neubauten verwendet, die für die ausgewachsene Verkehrsluftfahrt mit Düsenmaschinen auch auf mittleren und kurzen Strecken erforderlich sind.

Auf den neuen Direktor warten also zahlreiche Aufgaben,die um so schwerer zu lösen sind, weil Land und Stadt als Gesellschafter finanziell keineswegs auf Rosen gebettet sind.

Außerdem muß der 40-jährige Helmut Müller-Gutermann – gebürtiger Pfortzheimer und zuletzt technischer Direktor des Düsseldorfer Flughafens – gleich zum Amtsantritt eine bittere Pille schlucken. Die Königlich-Niederländische Luftverkehrsgesellschaft KLM, die Nordbayern schon 1923 in ihr Liniennetz einbezogen hat, stellt mit dem ab 1. April gültigen Sommerflugplan ihren Passagierdienst zwischen Nürnberg und Amsterdam ein. Lediglich die Frachtmaschinen der "fliegenden Holländer" werden auch künftig noch in Franken zu sehen sein.

Höhere Zahlen zu erwarten

Als Trostpflästerchen bietet die Deutsche Lufthansa ihre schon angekündigten zusätzlichen Verbindungen samt dem Versprechen, die Wartezeiten der aus Nürnberg kommenden Passagiere auf dem Frankfurter Flughafen zu verkürzen, während die Pan American World Airways dreimal täglich nach Berlin fliegen.

Alles in allem: gegenüber Sommer 1966 nimmt die Zahl der Starts und Landungen im Linienverkehr bis zum 1. Juli um fast 40 zu. Das wöchentliche Sitzangebot, das im Sommer des vergangen Jahres rund 11 900 Plätze ausmachte, verringert sich zwar zunächst auf 10.832, klettert aber bis Ende Juni auf 12.400. Dazu kommen Maschinen, die Urlauber nach Spanien, Rumänien, Jugoslawien und Italien befördern.

Wegen der Betriebsergebnisse, die trotz des unzureichenden Angebots steigen, plant der Flughafen schon für morgen, ohne jedoch dem Wahn zu erliegen, eines Tages internationale oder gar interkontinentale Bedeutung zu erlangen. Die Gesellschaft läßt sich vielmehr von drei realen Gründen leiten: die Umrüstung auf Strahlflugzeuge, die Einführung der Allwetterlandung zunächst in der Betriebsstufe II und der auch weiterhin zu erwartenden Verkehrszunahme.

Für die Düsenmaschinen entsteht die 75 mal 50 Meter große Halle, in die zwei Mittelstreckenflugzeuge vom Typ Boeing 727 hineinpassen. Höhere Beförderungsleistungen erfordern die Erweiterung der Abfertigungseinrichtungen. 1968 soll das Betriebsgebäude umgebaut werden, damit im ersten Stock mehr Raum für die Luftpostleitstelle zur Verfügung steht, der Ostflügel des Abfertigungsgebäudes wird aufgestockt, um Büro- und Betriebsräume zu bekommen.

1969/70 folgen schließlich die Aufstockung der Warteräume und der Gaststätte, der Bau einer getrennten Vorfahrt für Ankunft und Abflug, eines zweigeschossigen Frachtgebäudes und – bei weiterer Zunahme des Geschäftsreise- und Sportluftverkehrs – einer dritten Kleinflugzeughalle.

Starke Blitzfeuerkette

Am wichtigsten sind aber die Verbesserungen, die der Sicherheit der Fluggäste dienen. Bis 1970 soll in Nürnberg die Betriebsstufe II erreicht sein, durch die die derzeit gültigen Werte für die Wolkenuntergrenze und Sichtweite um die Hälfte reduziert werden. Um dem Piloten unmittelbar nach dem Durchstoßen der Wolken – 30 Meter Höhe bei Betriebsstufe II – die Orientierung zu erleichtern, muß die Anflugbefeuerung erweitert und durch eine starke Blitzfeuerkette ergänzt werden. Die Landebahn bekommt zusätzlich eine Mittellinien- und Aufsetzzonenbefeuerung.

Weil außerdem für Landungen nach der Betriebsstufe II ein Sicherheitszuschlag von mindestens 3.000 Metern zur normalen Landelänge gefordert wird, wird die Piste auf 2.700 Meter verlängert. Auch an die Hindernisfreiheit seitlich der Bahn und vor deren Kopf werden erhöhte Anforderungen gestellt, so daß einige Gebäude der Flugsicherung verlegt oder durch Bunker ersetzt und einige Waldstreifen abgeholzt werden müssen. "13 bis 40 Hektar Wald werden es sein, je nachdem , wie die Verhandlungen mit dem Bundesverkehrsministerium ausgehen" erklärte Dipl. Ing. Müller-Gutermann.

Bis zu jenem "schmerzlichen Eingriff" geht noch einige Zeit ins Land. Zuerst wird schon in den nächsten Tagen von anderen Dingen zu berichten sein: morgen verläßt Direktor Heinz H. Starke seinen Schreibtisch, startet die KLM zum letzten Passagierflug nach Amsterdam. Zweifacher Abschied…

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