4. Dezember 1966: Aufgeblasene Männer

4.12.2016, 07:00 Uhr
4. Dezember 1966: Aufgeblasene Männer

© Gerardi

In Langwasser ist ein Werk zu Hause, das Plastikfiguren vom kleinen Frosch bis zum lebensgroßen Weihnachtsmann herstellt. Was immer ein Kinderherz begehren mag, ob Fix oder Foxi, ob Mickey Mouse oder Donald Duck, den Elefanten Dumbo oder das Rehlein Bambi, die Nürnberger Gummi- und Plastikwarenfabrik macht seine Wünsche wahr.

Aber auch für junge Damen hat Firmenchefin Helma Leser etwas auf Lager, denn sie kann mit Recht behaupten: „Wir machen unsere aufgeblasenen Männer selbst!“

Plastik-Schweißmaschine

Die Lieblinge der ganzen Kinderwelt schauen als Muster aus den Regalen dieses Betriebes herab, der eher einem Märchenreich als einer Fabrik gleicht. Der Zauberer Merlin, Felix der Kater als Schwimmtier, Pinocchio und Pluto, Inky und Dinky sind nur einige Exemplare aus der großen Viecherei der „Nürnberger Gummi“, die in diesen Tagen 20 Jahre alt (oder besser gesagt: jung) geworden ist.

4. Dezember 1966: Aufgeblasene Männer

© Gerardi

Diese Firma hat das Allein-Lizenz-Recht für alle bekannten Disney-Figuren in Belgien, der Bundesrepublik, Luxemburg, Marokko, den Niederlanden, Österreich und Portugal ebenso für „Felix der Kater“ und „Popeye der Kapitän“ in mehreren Ländern und für „Fix und Foxi“ in der ganzen Welt.

Viecherei aus Gummi

Diesen Höhenflug hat sich Helma Leser nicht erträumt, obwohl sie von allem Anfang an mit Luft plus Gummi oder Plastik zu arbeiten verstand. Mit Fahrraddecken und Gummibällen machte sie vor zwei Jahrzehnten ein bescheidenes Geschäft auf, das nach der Währungsreform im Jahre 1948 an der starken Konkurrenz zu scheitern drohte. Eine Reise nach Hamburg brachte die Nürnbergerin auf den Trichter, der ihr zu ihrem heutigen Erfolg verhalf: sie kaufte damals die allererste deutsche Schweißmaschine für Plastik und „pachtete“ damit einen zunächst ungeahnten Erfolg.

„Ich bereue es heute noch, daß ich mir den ersten Wasserball aus Plastik nicht habe schützen lassen, denn da hätten wir uns nicht mehr so plagen brauchen“, sagt Helma Leser. Trotzdem: mit diesem Wasserball begann sie auf der Welle des Aufstieges zu schwimmen. Namhafte Markenartikelfirmen bestellten bei ihr aufblasbare Hüllen aus Plastik, um mit ihnen und ihrem Namen zu werben. Inzwischen werden in der Sprottauer Straße 8 längst Attrappen aller Art hergestellt – von der Spülmittelflasche bis zum „Mineralöl“-Boot, in dem sogar drei Mann die christliche Seefahrt erleben können.

Ob riesengroße Tube oder winzigkleiner Baby-Ball – die Produkte der Nürnberger Gummi- und Plastikwarenfabrik gehen alle den gleichen Weg. Da ist eine Rolle mit Rohmaterial, die bedruckt und ausgelegt wird, ehe die einzelnen Teile ausgestanzt und danach wieder zusammengeschweißt werden. Für einen kleinen Ball sind nahezu 15 Arbeitsgänge nötig, ehe er Farbe und Form angenommen hat, für den berühmten „Tiger im Tank“ sogar 30 bis 35 Arbeitsgänge. 70 Menschen – ohne Mustermacher, Drucker und Heimarbeiter – sind in dem Werk tätig. Viele Handgriffe müssen ausgeführt werden, ehe Dumbo, der Elefant, auf festen Beinen steht.

Es bleibt ein kleines Betriebsgeheimnis, daß alle Figuren von Kopf bis Fuß, von der Nasenspitze bis zum Regenschirm oder Zauberstab richtig aufgeblasen werden können. „Wir haben viel Lehrgeld bezahlen müssen“, sagt Chefin Helma Leser, aber es hat sich offensichtlich ausgezahlt. Der Esel „Burrito“ erweist sich heute als ebenso wasserdicht und wetterfest wie das Planschbecken oder das Kanu mit Disney-Druck. Selbst der Weihnachtsmann steht auf festen Füßen, denn eine Wasserkammer hält ihn auch bei Sturm auf den Beinen.

Am meisten Sympathie freilich erweckt das Zauberschwert aus dem Film „Merlin und Mim“. Die Kinder können es sich über den Schädel schlagen, ohne auch nur einen Kratzer beim Gegner zu hinterlassen. Solche Schwerter läßt man sich gefallen.

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