6. Oktober 1965: Der Tanzsaal in der Waldkulisse

6.10.2015, 07:00 Uhr
6. Oktober 1965: Der Tanzsaal in der Waldkulisse

© Gerardi

Mit den neuen Bauten, werden alte Pläne wahr. Der Gedanke an einem modernen gastronomischen Betrieb geht schon in die Zeit zurück, da der Tiergarten am Schmausenbuck erst am Reißbrett entworfen wurde. Statt des beliebten, aber ein wenig altmodischen Ausfluggartens, in dessen Tanzpavillon die Nürnberger früher beim Charleston ihre Beine geschwungen haben, wurden bereits in den Jahren 1937/39 Pläne für eine Großgaststätte geschmiedet.

Während der Tiergarten noch vor Kriegsbeginn seine Pforten auftun konnte, mußten die Entwürfe für einen Restaurationsbetrieb wieder in den Schubladen verschwinden. Die Bomben räumten unter den alten Sandsteingebäuden mächtig auf. Als mit den Tieren auch wieder Menschen im Zoo erschienen, entstand ein bescheidenes Terrassencafé, das bis heute ein Provisorium geblieben ist.

Die barackenähnlichen Bauten, die nun unter den mächtigen Hieben eines Baggers zusammenbrechen, waren den Nürnbergern, vor allem aber den Mögeldorfern, stets ein Dorn im Auge. In den letzten Jahren verging kaum eine Bürgerversammlung, in der nicht gefordert wurde, daß an diese Stelle „etwas Richtiges“ hingestellt werden soll. Die Angriffe richteten sich vornehmlich gegen die Stadt, der da oben der Grund und Boden gehört.

Die Wünsche der Bürger fielen nach und nach auf fruchtbaren Boden. Wenn sich auch die Stadt selbst nicht zum Bauen aufraffen konnte, weil dies ihre angespannte finanzielle Lage kaum noch zuließ, so wurde doch die private Initiative entfacht. Vor etwa drei Jahren nahmen die Pläne für das heutige Projekt greifbare Gestalt an, so daß nur noch die Frage offen blieb, wer die Neubauten bezahlen soll. Der Pächter der Waldschänke, Hans Lehner, brachte Mut und Zuversicht, vor allem aber Geld auf, um als Bauherr aufzutreten.

Architekt Schneckendorf übernimmt Planung

Mit Diplom-Architekt Kurt Schneckendorf, dem früheren Leiter des Städtischen Hochbauamtes, wurde ein Planer gefunden, der den Tiergarten und seine Umgebung wie kein zweiter kennt. Er hatte wesentlich an dem Zoo am Schmausenbuck mitgearbeitet und seinerzeit auch schon Entwürfe für eine Gaststätte gemacht. Sein jetziges Projekt sieht freilich ganz anders aus, als die damaligen Zeichnungen. Es ist vom Zeitgeist bestimmt, wie die Flachdächer an zwei der drei Gebäude beweisen.

Das Restaurant mit insgesamt 400 Plätzen wird ein wenig weiter vorgerückt als die früheren Bauten, um den Blick nach Westen – auf die Silhouette der ganzen Stadt – schöner als zuvor freizugeben. Der Gaststättentrakt ist so gestaltet, daß er für Tiergartenbesucher und andere Gäste nach den jeweiligen Erfordernissen unterteilt werden kann.

Das Hotel erhebt sich sechs Stockwerk hoch über das Erdgeschoß und wird 60 Räume haben, die mit 102 Betten belegt werden können und alle über ein Bad verfügen. Der Saalbau mit seinem aparten Faltdach ist für 500 Gäste gedacht. Bei gesellschaftlichen Veranstaltungen, wie etwa Faschingsfesten, können alle Räume zusammengefaßt werden, weil die Küche und anderen Bedienungseinrichtungen geschickt im Herzen des Komplexes plaziert sind.

Bis zum kommenden Frühjahr soll schon die Gaststätte, die auch viele angenehme Plätze im Freien zu bieten hat, teilweise fertiggestellt sein. Das Hotel muß bis zur Spielwarenmesse 1967 eröffnet werden. Danach wird der große, runde Saal gebaut, auf den sich die Nürnberger schon freuen. Als Material für alle Gebäude dienen hell geschlemmter Backstein und Naturholz für Fenster und Türen. „Wir wollen einen gediegenen gastronomischen Betrieb schaffen, der jedoch nicht exklusiv, sondern für alle Kreise der Bevölkerung gedacht ist“, sagt Kurt Schneckendorf.

Die günstige Lage von Hotel und Gaststätte wird auch dadurch gekennzeichnet, daß es Parkraum in Hülle und Fülle gibt. Je 100 Plätze stellen der Hausherr und die Stadt. Für die Autofahrer muß besonders gesorgt werden, weil künftig auch von oben her der Zugang zum Tiergarten möglich ist. Alles in allem: Nürnberg bekommt wieder ein Bauwerk mitten in einer reizvollen Naturkulisse.

Verwandte Themen


3 Kommentare