6. September 1965: Eine Hochzeit, wie sie viele sich erträumen

6.9.2015, 07:00 Uhr
6. September 1965: Eine Hochzeit, wie sie viele sich erträumen

© Ulrich

Die Zaungäste kamen auf ihre Kosten, denn sie durften schwere Limousinen, funkelnden Schmuck und kostbare Kleider bewundern. Tausende warteten am Samstag vor der Kirche am Martin-Luther-Platz, um das Brautpaar zu bewundern. In einer Kolonne von 14 Wagen, angeführt von drei Mercedes 600, fuhr die Hochzeitsgesellschaft unter Polizeigeleit an dem Gotteshaus vor, das für die Familie Schickedanz eine besondere Bedeutung besitzt. Madeleines Eltern, Konsul Dr. Gustav Schickedanz und seine Frau Grete, wurden dort getraut; die Braut ging in der Paulskirche zur Konfirmation.

6. September 1965: Eine Hochzeit, wie sie viele sich erträumen

© Ulrich

Die Neugierigen kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus, als der Brautwagen im Schmuck von rosa Nelken anhielt. Madeleine Schickedanz zeigte sich in einem selbstentworfenen weißen Kleid aus französischen Spitzen, das mit Perlen bestickt war. In ihrem Haar funkelte ein Brillantendiadem; in ihren Händen hielt sie einen Strauß von weißen und lila Orchideen. Zwei kleine Buben (mit weißen Nelken im Knopfloch) trugen den fünf Meter langen Tüllschleier. Der jugendliche Bräutigam schritt im Cut an der Seite seiner ersten Liebe.

An der Spitze eines langen Zuges mit Angehörigen und Freunden zogen Hans-Georg Mangold und Madeleine Schickedanz durch ein Spalier von Kindern, Photographen und Kameraleuten in die Kirche ein. Das Gotteshaus war mit Teppichen ausgelegt und gelben Chrysantemen, den Lieblingsblumen der Braut, geschmückt. Scheinwerfer leuchteten die Kirche bis in den letzten Winkel aus, denn von dem Trauungszeremoniell wurde ein Farbfilm gedreht. Kirchenrat Dr. Kalr Meyer führte das junge Paar, das sich vor fünf Jahren in der Tanzstunde kennengelernt hatte, an den Altar. „Ich hebe meine Augen auf“, sang der Windsbacher Knabenchor unter Leitung von Direktor Hans Thamm, ehe Madeleine und Hans-Georg den Bund für das Leben schlossen und die Ringe tauschten.

Noch einmal durften die Zaungäste ein Stück vom Glanz dieses Festes erhaschen, als die Hochzeitsgesellschaft in die Wagen stieg. Für Familienangehörige und Freunde des Brautpaares gab Konsul Dr. Schickedanz anschließend in seiner Villa in Dambach bei Fürth einen Empfang „unter den Arkaden“. Oberbürgereister Dr. Kurt Scherzer und Bürgermeister Heinrich Stranka überreichten bei dieser Gratulationscour ein Geschenk der Stadt, eine Kassette mit kolorierten Darstellungen von Brautbildern und Hochzeitsmotiven aus der Fürther Geschichte; das älteste Motiv findet sich auf einer Schützenscheibe aus dem Jahre 1684.

Nicht viel Zeit für Flitterwochen

In kleinem Kreise nahm das Brautpaar das Mittagessen ein. Über der Tafel hingen als Wandschmuck zwei große, ineinanderverschlungene Ringe aus Rosen. Der ereignisreiche Tag klang für die jungen Leute mit einem festlichen Abend im Grand-Hotel aus. Für die Flitterwochen bleibt ihnen nicht lange Zeit, denn der Bräutigam muß in den nächsten Wochen fleißig lernen, weil er im Frühjahr sein Examen als Betriebswissenschaftler an der Friedrich-Alexander-Universität ablegen will.

Im großen Haus von Konsul Dr. Gustav Schickedanz wird künftig noch mehr Platz sein. Seine älteste Tochter ist schon verheiratet und nun zieht Madeleine auch noch aus. Am Hochzeitstage meinte er schon: „Jetzt wird es still hier werden . . .“ Das junge Paar ist gestern schon vom Nürnberger Flughafen aus mit unbekanntem Ziel auf seine Hochzeitsreise gegangen.

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