7. Februar 1966: Sonntagsbummel unter der Sonne

7.2.2016, 07:00 Uhr
7. Februar 1966: Sonntagsbummel unter der Sonne

© Gerardi

Petrus hatte an einem fast wolkenlosen Himmel die Sonne aufgehängt, so daß die Quecksilbersäule des Thermometers bald auf 15 Grad hinaufkletterte und selbst in den schattigen Waldwinkeln die letzten Schneereste dahinschmelzen ließ. Den wärmenden Strahlen widerstanden nur wenige Großstädter. Die meisten sperrten die Wohnungstür zu und bummelten durch die Anlagen und Parks. Oder sie fuhren hinaus in die Umgebung.

Die von einem Tiefdruckgebiet über dem Atlantik verursachte milde Südwest-Strömung hatte plötzlich den Kalender durcheinandergebracht und noch während des Winterschlußverkaufs Wärmegrade beschert, wie sie von den Meteorologen sonst bestenfalls Ende März vorhergesagt werden. Kein Wunder also, daß sich auf den Ausfallstraßen lange Autokolonnen bildeten. Die Hersbrucker und Fränkische Schweiz, die Oberpfalz oder der Steigerwald: die bleichgesichtigen Städter erinnerten sich ihrer sommerlichen Ziele und der weniger angenehmen Randerscheinungen, wie das Warten in den Gaststätten auf einen freien Stuhl.

Hartgesottene im Liegestuhl

Manche Autofahrer verzichteten allerdings auf eine längere Fahrt und ließen den Wagen schon wenige Meter hinter der Stadtgrenze abseits stehen, um mit Kind und Kegel durch die Wälder zu streifen. Die Familien, die innerhalb der Nürnberger Gemarkung blieben, brachen wenigstens zu einem Sonntagsspaziergang durch die Anlagen und Parks auf.

Rege Betriebsamkeit befiel insbesondere auch die glücklichen Eigentümer eines Gärtchens. Sie sahen sich zum ersten Mal wieder eingehend im „grünen Zimmer“ um und bemerkten hie und da mit Wohlgefallen, daß sich die Natur schon wieder zu regen beginnt. Die Hartgesottenen unter ihnen holten sogar die Liegestühle hervor und räkelten sich in einem windgeschützten, sonnigen Eckchen mit dem Bewußtsein, daß sie hier „keiner kann...“

Sie alle aber haben recht getan, wenn sie gestern den schönen Tag auf alle mögliche Weise nutzten. Denn die „Wetterfrösche“ äußern tiefen Pessimismus, wenn sie nach den Aussichten in den nächsten Tagen gefragt werden. Heute oder morgen erreicht die milde Periode ihren Höhepunkt. Kaltluft aus nördlichen Breiten strömt anschließend in unser Gefilde, so daß sich zumindest die an diesem Wochenende arg enttäuschten Skifahrer wieder einige Chancen ausrechnen können.

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