Als Autohändler Zitzmann auf die Motorhaube sprang

3.5.2016, 06:00 Uhr
Vor fast 20 Jahren wollte der Nürnberger Autohändler Christoph Zitzmann einen flüchtenden Dieb mit einer gefährlichen Stunteinlage bezwingen - jetzt trifft er den Täter vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth wieder.

© Archiv Vor fast 20 Jahren wollte der Nürnberger Autohändler Christoph Zitzmann einen flüchtenden Dieb mit einer gefährlichen Stunteinlage bezwingen - jetzt trifft er den Täter vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth wieder.

Vor zwanzig Jahren, so schildert Autohändler Christoph Zitzmann, habe er noch Judo trainiert – dies erkläre, dass er sich damals zutraute, mit Sportsgeist einen Diebstahl zu vereiteln. Es war gegen 16.30 Uhr, als er an jenem 12. April 1996 sah, wie zwei Männer auf dem Gelände seines Auto-Handels an der Fuggerstraße eine VW-Bus-Sitzbank in ihren weißen Fiat Ducato wuchteten. Damals betrieb Zitzmann – mittlerweile handelt er mit Luxuskarossen und gilt als Nürnberger Autokönig – sein Geschäft im Stadtteil St. Leonhard erst seit einem Jahr. Er stellte sich in das Hoftor, um die Ausfahrt zu blockieren. Seiner Sekretärin habe er damals zugerufen, sie solle die Polizei alarmieren, erinnert sich Zitzmann.

Doch die dreisten Diebe brausten davon, und Zitzmann raste in einem Alfa hinterher. Als der weiße Lieferwagen an der Schwabacher Straße, kurz vor der Auffahrt auf den Frankenschnellweg, an einer roten Ampel hielt, versuchte er erneut, die Diebe zu stellen. Er stieg auf die Stoßstange des Lieferwagens und sprang auf dessen Motorhaube. Er sei wütend gewesen, erinnert sich der Händler, wirklich logisch habe er nicht gedacht. Als die Ampel auf Grün schaltete, klammerte er sich an den Scheibenwischern des Wagens fest – der Fahrer stieg aufs Gaspedal.

Damaliger Mittäter bis heute nicht identifiziert

Zwanzig Jahre später trifft der Autohändler einen der Diebe vor Gericht. Der Angeklagte stammt aus Polen, und weil er damals mit Zitzmann Geschäfte machte, waren seine Personalien bekannt. Sein damaliger Mittäter ist bis heute nicht identifiziert, doch gegen den 57-jährigen Polen existiert seit der Tat ein Haftbefehl. Als er jüngst von Polen in die Oberlausitz fuhr, geriet er in der Nähe von Bautzen in eine Verkehrskontrolle und damit ins Visier der Justiz. Weil er sein Auto damals als Waffe benutzt hatte, warf man dem polnischen Autohändler neben dem räuberischen Diebstahl unter anderem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr, verjährt nach fünf Jahren, sowie gefährliche Körperverletzung, verjährt nach zehn Jahren, vor.

Übrig blieb bis heute nur der Vorwurf des räuberischen Diebstahls – denn dieser verjährt erst nach zwanzig Jahren. Ein derartig altes Verfahren kam auch der 2. Strafkammer noch nicht unter, die Richter nahmen dem Angeklagten dessen gezeigte Reue ab – bisher musste er sich nie in Deutschland vor Gericht verantworten. Er darf das Gericht als freier Mann verlassen, verurteilt wird er zu eineinhalb Jahren Bewährungsstrafe. Auf dem Gerichtsflur entschuldigt er sich per Handschlag auch bei Christoph Zitzmann.

Doch tätige Reue vermisst der Unternehmer – 1500 Mark hätte die Rückbank damals gekostet, heute schlägt er dem damaligen Dieb 1000 Euro Schadenersatz vor, bietet gleich Ratenzahlung an. Doch zum zweiten Handschlag kommt es im Flur nicht.