Als sich die Eisernen Vittek beugen mussten

29.8.2014, 06:58 Uhr
Robert Vittek jagte bereits in seiner Debütsaison beim Club dem Spielgerät äußerst erfolgreich hinterher.

© Horst Linke Robert Vittek jagte bereits in seiner Debütsaison beim Club dem Spielgerät äußerst erfolgreich hinterher.

"Zwei Tore habe ich damals gegen Union geschossen", erinnert sich Robert Vittek. Wenn der heute 32-Jährige von damals erzählt, von seiner Lieblingsbeschäftigung, von diesem begeisternden 5:3 in der Alten Försterei, dann wirkt das lange her. Wie ein Relikt aus einer vergangenen Zeit, aus glücklicheren Club-Tagen. Nürnbergs ehemaliges Sturm-Ass spricht über das letzte Duell zwischen dem Altmeister und den Berlinern. Das Gastspiel des Zweitliga-Spitzenreiters in der Wuhlheide.

Die Auseinandersetzung am 16. April 2004 war entgegen Vitteks unaufgeregter Erzählweise eine äußerst aufregende. Der abstiegsbedrohte Hauptstadtklub strebt im Saisonfinish "das Wunder von Köpenick – Teil eins von sechs" an. Anzeigen mit dieser Überschrift waren in Berliner Tageszeitungen geschaltet worden. Als zusätzliche Motivation, den Klassenprimus niederzuringen. Als Anreiz, unter dem jüngst engagierten Trainerfuchs Aleksander Ristic endlich wieder zu siegen. Doch der Druck auf die Eisernen ist zu groß – zunächst zumindest.

Kopfball-Experten

Der FCN spielt Union im ersten Durchgang an die Wand, reiht eine Chance an die nächste. Zwangsläufig gehen feldüberlegene Nürnberger in Führung: Der US-Amerikaner Anthony Sanneh schraubt sich im Anschluss an eine Krzynowek-Ecke nach oben, wuchtet die Kugel ins Netz. Ebenfalls kopfballstark zeigt sich wenig später Robert Vittek, der seinen Freiraum im Strafraum nutzt, um eine an ihn adressierte Wiblishauser-Flanke zum 2:0 zu verwerten. Marek Mintal, sein kongenialer Sturmpartner, ist es, der Florian Bruns’ Anschlusstreffer gedankenschnell beantwortet, dem Club einen komfortablen Vorsprung als Polster in die Kabine gibt.

Nach der Pause allerdings wird das sanfte Ruhekissen arg strapaziert. Beim nach Wiederbeginn pomadigen Wolf-Team ist der Spannungsabfall unübersehbar. Couragierte Köpenicker nutzen derweil ihre Kampfkraft, um einen bräsigen Club von einer Verlegenheit in die nächste zu stürzen. Schlimmer noch: Binnen drei Minuten stellt Union von 1:3 auf 3:3. Hatte der FCN die Berliner im ersten Durchgang noch vorgeführt, ist er nun drauf und dran, das Spiel komplett aus der Hand zu geben. Doch schließlich wacht der Club wieder auf, meldet sich durch Mintal und Vittek — sein nicht nur in diesem Spiel gewinnbringendes Gute-Laune- Gespann — grandios zurück. Nürnbergs heutiger Co-Trainer veredelt eine Stefulj-Hereingabe zur erneuten Franken-Führung - volley mit  gewohnt exquisiter Schusstechnik. Sein Freund und Landsmann beseitigt mit einem strammen Linksschuss die letzten Zweifel am Auswärtssieg in der Bundeshauptstadt.

In der Hinrunde übrigens hatte sich Vittek — im Sommer von Slovan Bratislava an den Valznerweiher gewechselt — gegen den gleichen Gegner den ersten von 35 rot-schwarzen Liga- Treffern bis 2008 aufs Konto gebucht. Eine Erinnerung, die Vittek zwischenzeitlich abhanden gekommen ist. "Genau weiß ich das nicht mehr", sagt der Mann, der sich kurze Zeit zuvor bei der unglücklichen Pokalniederlage in München (6:7 im Elfmeterschießen) bereits formidabel eingeführt, Oli Kahn mit einem Hammer in den Winkel früh das Nachsehen gegeben hat. Durch das ungefährdete 3:0 gegen den FCU katapultierten sich die Nürnberger — damals wie heute mit Akklimatisierungsproblemen gestartet — auf den vierten Tabellenplatz. Vittek war es, der, wie schon zuvor im Pokal, früh und zielsicher das rechte Eck anvisierte.

Der Angreifer, der inzwischen wieder für Slovan Bratislava stürmt, denkt gerne an seine „schöne Zeit beim FCN“ zurück. Auch wenn diese durch Verletzungen getrübt war, er den Pokal-Triumph 2007 daher nur von der Bank aus erleben durfte, war es eine Zeit, in der sich Vittek und der FCN viel Freude machten.

Drei Doppelpacks und ein Dreier-Lauf 

In der Rückrunde 2005/06 etwa stellte "des Robertla" seine Goalgetter-Qualitäten eindrucksvoll in den Club-Dienst: Bis zum 19. Spieltag noch ohne Erfolgserlebnis, ließ es Vittek anschließend gehörig krachen. 16 Treffer standen am Saisonende für ihn zu Buche. Dreimal schnürte der Torjäger einen Doppelpack. In den beiden aufeinanderfolgenden Partien gegen Duisburg und Köln markierte er jeweils drei Treffer.

Als sich die Eisernen Vittek beugen mussten

© Bauer

Vittek verfolgt aufmerksam — im Kontakt mit Marek Mintal, aber auch über andere Kanäle — was bei seinem Ex-Verein passiert. "Der 1. FC Nürnberg wird immer in meinem Herzen sein", erklärt der Hochbegabte, der bei der WM 2010 mit Tempo und Raffinesse glänzte, Italien quasi im Alleingang aus dem Turnier verabschiedete.  Er wäre in der Vergangenheit gerne zum Club zurückgekehrt, sagt Vittek. Und er würde es noch immer, auch wenn dies mittlerweile unwahrscheinlich sei.

Auf dem Laufenden ist der 80-fache slowakische Nationalspieler ungeachtet davon. "Der Spielerwechsel war enorm. Es dauert, bis sich das Team findet", sagt der Angreifer mit Blick auf den misslungenen Saisonstart. Etwas, was Vittek beim abstiegsgebeutelten FCN aus eigener Erfahrung kennt: "Siegen auf Befehl geht nicht. Wir waren am Anfang auch nicht so toll, sind am Ende aber aufgestiegen". Er hofft, "dass die Zuschauer der Mannschaft und dem Team die Chance geben, es besser zu machen als zuletzt" — bestenfalls schon Freitagabend, in der Alten Försterei, bei Union Berlin. Dort, wo er einst doppelt traf.

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