Altstadtfreunde möbeln verwahrlostes Haus in Nürnberg auf

1.9.2018, 08:46 Uhr
Altstadtfreunde möbeln verwahrlostes Haus in Nürnberg auf

© Stefan Hippel

Wer sich Hoffnungen auf eine Altstadtbleibe in der Nähe des Weißen Turms macht, hat Pech: Die sieben Wohnungen - zwischen 45 und 80 Quadratmeter groß - sind bereits vergeben, es gibt schon eine Warteliste.

 Das sagt viel aus über die Schwierigkeiten, mittlerweile in Nürnberg eine Unterkunft zu finden. Denn die denkmalgeschützte Immobilie aus dem 17. Jahrhundert befindet sich keineswegs in einer besonders attraktiven Ecke der Altstadt, im Gegenteil: Die Hintere Ledergasse liegt hinter dem Elektromarkt Saturn und neben dem Wöhrl-Parkhaus.

Aber die Altstadtfreunde verwandeln eine total herunter gekommene , abgewohnte Bruchbude in ein begehrtes Domizil — das ist schon jetzt erkennbar, obwohl der Innenausbau erst noch erfolgt. Bauleiter Michael Taschner hatte mit seinem Team alle Hände voll zu tun, um das Gebäude wieder begehbar zu machen.

Abgefaulte Balkenköpfe ersetzt

 Allein 350 Kilogramm Taubenkot musste eine Spezialfirma aus dem Haus entfernen. Viele abgefaulte Balkenköpfe wurden ersetzt und Böden erneuert. Die Altstadtfreunde können das Projekt nur mit Hilfe von staatlichen und städtischen Zuschüssen stemmen. 

Die Bewohner dürfen sich auf vorbildlich sanierte Zimmer, malerische Galerien sowie einen geräumigen Innenhof freuen. Statt des Notdachs aus dem Zweiten Weltkrieg gibt es jetzt einen richtigen Dachstuhl, der künftig als Wohnraum genutzt wird. Brandspuren sind an den etlichen Balken noch zu erkennen, das Haus wurde 1944 in letzter Sekunde vor einem verheerenden Feuer gerettet.

 Die Geschichte der Hintere Ledergasse 43 ist mit der dunkelsten Epoche Nürnbergs verknüpft. Die Nationalsozialisten hatten das Haus dem jüdischen Eigentümer Julius Geiringer abgepresst und ermordeten ihn, Ehefrau Emma und Schwester Jeanette Neurath im Konzentrationslager. 

Archäologische Funde im Haus

Sein Vater Samuel Geiringer hatte das Altstadt-Grundstück 1885 gekauft und eine Geflügelzucht mit Schlachtstelle eingerichtet. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Haus an Nachkommen der Familie restituiert, die es 1954 veräußerten.

Die ältesten Teile des Gebäudes stammen aus dem 17. Jahrhundert, es wurde nach der Brandkatastrophe von 1645 errichtet. Damals hatte ein Feuer 32 Häuser im Rotgerberviertel (zwischen Vorderer und Hinterer Ledergasse sowie Hutergasse) eingeäschert. Im Boden fanden Archäologen Reste von Gerberbottichen, in denen einst Tierhäute präpariert worden waren.

 In den oberen Stockwerken befanden sich offene Fachwerkgeschosse zum Trocknen des Leders. Heute erinnert nur mehr der Straßenname an das Gewerbe. Am Sonntag, 9. September, dem Tag des offenen Denkmals, können Interessierte die Baustelle Hintere Ledergasse 43 ab 11 Uhr bis 16 Uhr besichtigen.

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