Am Stresemannplatz tanzen Gestalten um eine Fontäne

30.8.2015, 20:29 Uhr
Am Stresemannplatz tanzen Gestalten um eine Fontäne

© Dominik Heinz

Von der Sulzbacher Straße aus wirkt der Stresemannplatz für Vorbeifahrende wie ein kleiner grüner Fleck. Ehe sich der Fahrer versieht, ist er auch schon wieder verschwunden. Doch für die Fußgänger, die den Platz passieren oder in den Läden einkaufen, gibt es hier einen Ort zum Innehalten.

Schon vormittags sind die Bänke am Stresemannplatz immer wieder belegt. Mit Blick auf den Brunnen sitzen Passanten eine Weile hier, ehe sie zu den Geschäften oder in Richtung Straßenbahnhaltestelle davongehen. Von Bäumen und Sträuchern von der Straße abgeschirmt, stehen die Bänke zum Teil unter einem grünen Blätterdach. Efeu rankt die Metall-Pergola empor und beschattet die Sitzplätze.

Mit einem Buch bewaffnet sitzt auch Lydia Kulesov hier. Die 62-Jährige wohnt eigentlich im Nürnberger Süden, kommt aber ab und zu hierher. „Diese Ecke ist wie ein Ruhepol“, sagt sie mit einem charmanten russischen Akzent. Die Bäume und das Plätschern des Brunnens findet sie beruhigend, den Straßenlärm kann sie komplett ausblenden.

Vor dem Umbau nur ein Parkplatz

Der Brunnen besteht aus einer etwa 1,5 Meter hohen Säule. Auf der Säule tanzen abstrakte Gestalten in wallenden Kleidern um die hervorplätschernde Wasserfontäne. „Drei um das lebensspendende Element Wasser tanzende Figuren“, steht auf einer Infotafel. Seit der Umgestaltung des Platzes 1998 ziert das Kunstwerk des Nürnbergers Günter Schmidt-Klör die dreieckige Fläche. 60.000 Mark hat die Nürnberger Versicherung für den Brunnen springen lassen. „Ein großes Kunstwerk ist das nicht“, findet Hartmut Scholz. Der 56-Jährige sitzt mit einem Strohhut auf dem Kopf auf einer der Bänke und dreht sich eine Zigarette. Er wohnt direkt am Platz. Das Plätschern des Wassers findet er manchmal sogar etwas zu laut. Aber immer noch besser als die Straße.“

Am Stresemannplatz tanzen Gestalten um eine Fontäne

© Fotos: Dominik Heinz

Vor dem Umbau, der 50.000 Mark gekostet hat, war der Stresemannplatz lediglich eine Parkfläche. Doch seitdem ist der Platz ein kleines Zentrum und Treffpunkt für die Anwohner im Nordosten der Stadt. Seit 1949 ist der Platz in Wöhrd nach dem ehemaligen deutschen Reichskanzler und Friedensnobelpreisträger Gustav Stresemann benannt.

Seit 1911 gibt es ein kleines Programmkino am Platz. Heute trägt es den Namen „Metropolis“, früher war es erst als „Titania“, dann als „Walhalla“, später als „Ost-Lichtspiele“ und „Kolibri“ bekannt. In den zwei Sälen finden inzwischen bis zu 208 Besucher Platz. Ein kleines Restaurant ist angeschlossen. Seit 1988 gehört das Lichtspielhaus den Kino-Betreibern Weber und gehört zum Cinecittà-Imperium.

So gerne Lydia Kulesov hier auch sitzt und liest, ein bisschen mehr Pflege wünscht sie sich für den Platz. „Der Boden ist dreckig und grau“, sagt sie und deutet auf die Mischung aus Sand, Kies und Papierschnipsel unter der Bank. „Warum ist hier keine Wiese? Mit dem Wasser aus dem Brunnen könnte man hier gießen“, schlägt die Seniorin vor, ehe sie sich wieder ihrem Buch widmet.

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