Am Trödelmarkt ticken die Uhren langsamer

1.9.2015, 20:11 Uhr
Am Trödelmarkt ticken die Uhren langsamer

© Dominik Heinz

Malerisch liegt der kleine Platz auf einer Insel in der Innenstadt. Zwei Pegnitz-Arme umrahmen ihn liebevoll. Die Atmosphäre ist ruhig. Fußgänger schlendern über den länglichen Platz. Ein Fahrrad klappert, als es über das Pflaster fährt. Ab und zu finden auch Touristen den Weg zum versteckten Trödelmarkt.

Die Insel ist über den Henkersteg, die beiden Karlsbrücken und den Schleifersteg zugänglich. Die Karlstraße teilt den Platz in zwei ungleiche Abschnitte. Im östlichen Bereich fällt zuerst eine Skulptur ins Auge: Zwei Figuren drehen sich im Tanz und stehen Rücken an Rücken. Die bronzene Plastik von Bildhauer Waldemar Grzimek ist einem Kupferstich von Albrecht Dürer nachempfunden und schmückt den Platz am Schleifersteg seit 1988. Davor stand sie an der Ecke Plobenhofstraße/Spitalgasse, musste eines Tages aber dem größeren Narrenschiff weichen.

Auf dieser Seite des Platzes sitzt ein Paar auf einer Bank und beobachtet die Enten auf der Pegnitz. Ein Angler hat es sich auf der Liebesinsel bequem gemacht und wartet auf einen Fang.

Wer nicht so viel Geduld hat, kann von Schaufenster zu Schaufenster bummeln. Eine Galerie, ein Optiker, ein Wollladen und ein Raumausstatter reihen sich aneinander. Das Angebot ist vielfältig und individuell. Auch Juwelier Röder ist am Platz. „Die Händler haben ein nachbarschaftliches Verhältnis“, beschreibt er. Gemeinsam kümmern sie sich um die Gestaltung ihres Platzes.

Individuelles Angebot

Geht man weiter auf dem Kopfsteinpflaster, gelangt man zum westlichen Teil der kleinen Insel. Dabei schmücken bunt bepflanzte Blumenkübel und begrünte Baumscheiben der Händler den Weg. Neben einem Restaurant gibt es einen Spielzeugladen, ein Café, ein Bekleidungsgeschäft und noch ein paar weitere kleine Läden.

Am Trödelmarkt ticken die Uhren langsamer

© Dominik Heinz

Zwar verkaufen die Geschäfte nichts Gebrauchtes, doch mit dem individuellen Angebot machen sie dem Namen Trödelmarkt alle Ehre. Früher fand hier der Schweinemarkt statt. Deshalb war die Insel als „Säumarkt“ bekannt. Im 16. Jahrhundert konnten die Nürnberger hier Alt- und Gebrauchtwaren erwerben, der „Säumarkt“ wurde 1809/10 in Trödelmarkt umgetauft.

Im Zweiten Weltkrieg wurden die Gebäude am Platz zerstört, doch beim Wiederaufbau versuchte man, die einstige Idylle wiederherzustellen. Das ist zum Teil gelungen. „Hier gibt es schöne erhaltene Häuser, das ist nicht überall in Nürnberg so“, weiß Julia R. Die 27-Jährige ist Stadtplanerin und kommt gelegentlich am Trödelmarkt vorbei. „Es wirkt hier sehr gepflegt, aber die Aufenthaltsqualität würde mit ein paar Bänken steigen“, sagt die Expertin.

Wer sich am Trödelmarkt setzen will, kann an einem der kleinen Tische vor den Geschäften Platz nehmen. Die Bänke am Ostufer bieten kostenlos Erholung für müde Füße.

An der westlichen Seite endet der Platz am Henkerhaus und dem dazugehörigen Steg. Die frühere Dienstwohnung des Scharfrichters wurde um 1320 als Teil der vorletzten Stadtmauer errichtet und beherbergt heute eine Ausstellung. Das Ambiente am Trödelmarkt ist entspannt. Er wirkt wie der Marktplatz einer Kleinstadt und liegt doch mitten im Zentrum einer Metropole.

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