"Angstraum Wöhrder See" ist eher eine Fiktion
7.6.2016, 07:17 Uhr
Die CSU fordert eine Ausweitung der Videoüberwachung im Stadtgebiet, um das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu stärken. Doch dafür fehlt die rechtliche Grundlage, denn es darf nicht einfach der städtische Raum überwacht werden. Dem stehen Individualrechte entgegen. Dafür müssten Bund und Land erst einmal die juristischen Grundlagen schaffen.
Eine Videoüberwachung darf es nach den derzeit gültigen Gesetzen nur an kriminellen Brennpunkten geben, wie in der Königstorpassage und am Plärrer. Gespräche zwischen Stadt, VAG und Polizei zur Modernisierung der Video-Überwachung im U-Bahnbereich sind in den vergangenen Wochen schon erfolgt. Neue Kameras sollen es möglich machen, dass Straftaten schneller aufgeklärt werden.
"Angstraum Wöhrder See" formulierte der CSU-Bezirksvorsitzende, Finanzminister Markus Söder. Nach Angaben der Polizei wurde in diesem Jahr noch kein sexueller Übergriff oder eine Belästigung von Joggerinnen im Umfeld des Wöhrder Sees angezeigt. Es mussten auch keine polizeilichen Ermittlungen wegen "Grapschen" von Fahrradfahrern durchgeführt werden. Nur im vergangenen Jahr gab es ein kleine "Grapscher-Serie". Exhibitionisten sind 2016 so gut wie nicht aufgetreten.
Der derzeitige Sachstand rechtfertigt es nicht, eine Video-Überwachung am Wöhrder See einzurichten. Der "Angstraum Wöhrder See" ist eher eine Fiktion, mit der versucht wird, Fakten zu schaffen. Auch wirbt die bayerische Polizei selber damit, dass sie für das Sicherheitsgefühl zuständig ist.
Die CSU fordert die Einführung eines kommunalen Ordnungsdiensts mit 50 bis 70 Personen. In ihrer Vereinbarung mit der SPD über die Zusammenarbeit im Rathaus hat sich aber die CSU-Fraktion gebunden, das Thema kommunaler Ordnungsdienst in dieser Wahlperiode, die bis 2020 geht, politisch nicht mehr einzubringen. Die Crux eines solchen Ordnungsdienstes ist noch immer, dass er bei Ordnungswidrigkeiten, wie etwa bei der Vermüllung der Wöhrder Wiese, die Identität der Betroffenen gar nicht feststellen darf.
Das ist bislang nur der Polizei vorbehalten. So lange das rechtlich nicht geändert wird – eine Aufgabe des Freistaats – macht ein Ordnungsdienst wenig Sinn. 70 Mitarbeiter würden im untersten Tarif der Stadt pro Jahr 2,7 Millionen Euro kosten.
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