Anwalt des Heckenschützen: "Er wollte keine Autos treffen"

22.11.2014, 09:44 Uhr
Anwalt des Heckenschützen:

© Foto: Eduard Weigert

Es wird viel spekuliert. Darüber, was einen erwachsenen Mann, einen Rechtsanwalt noch dazu, antreiben könnte, von seiner Wohnung aus auf Fahrzeuge zu ballern. Und darüber, dass er es offensichtlich in Kauf genommen hat, Menschen zu verletzen und schlimmstenfalls sogar zu töten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 49-Jährigen in einem Fall sogar versuchten Mord vor. Er hätte einen Golf-Fahrer, dessen Wagen er getroffen hat, tödlich verletzten können. Außerdem sei dieser „arg- und wehrlos“ gewesen, argumentiert die Staatsanwaltschaft.

Dass der 49-Jährige mit einer Druckluftwaffe gezielt auf Autos gefeuert hat, müssen ihm die Ermittler erst einmal nachweisen. Denn Rechtsanwalt Straßner widerspricht dieser Darstellung. Sein Mandant habe sich nicht auf die Lauer gelegt, um Autos abzuschießen.

Er habe keinen Schaden anrichten wollen, meint er. Der 49-Jährige habe allerdings, das räumt er ein, auf „feste Gegenstände“ gezielt. „Gegenstände, die erst mal unproblematisch sind.“ Auf was genau, will Straßner nicht sagen. Auf die Pfeiler der Ludwig-Scholz-Brücke vielleicht. Der Jurist spricht von Schießübungen, „die möglicherweise schiefgelaufen sind“.

Eher unauffällig

Selbst wenn das tatsächlich so gewesen sein sollte, stellt sich die Frage, ob sich ein Rechtsanwalt der Gefahren und Konsequenzen nicht hätte bewusst sein müssen. „Das wird sicherlich ein ganz, ganz wichtiger Aspekt“, sagt Straßner. Spätestens dann, wenn es vor Gericht um die juristische Bewertung der Taten geht.

Vieles an dem Fall verwundert. Der 49-Jährige wird nicht einmal von der Polizei als eingefleischter Waffennarr beschrieben. Eher als jemand, mit einer „großen Affinität“ zum Technischen, wie es heißt. Auch sonst scheint die Vita des Rechtsanwalts unauffällig zu sein.

Bei der Nürnberger Versicherungsgruppe beschäftigt

Der 49-Jährige ist bei der Nürnberger Versicherungsgruppe beschäftigt. Dort reagierte man entsetzt auf die Nachricht, dass ihr Mitarbeiter unter anderem wegen des Vorwurfs des versuchten Mordes in Untersuchungshaft sitzt. „Mit großer Bestürzung haben wir erfahren, dass es sich bei dem Verdächtigen um einen Mitarbeiter der Nürnberger Versicherungsgruppe handelt“, antwortet Pressesprecher Ulrich Zeidner auf Anfrage. „Der Mitarbeiter ist im Rahmen seiner Tätigkeit nie negativ aufgefallen.“ Mehr will Zeidner nicht dazu sagen. Derweil laufen die Ermittlungen weiter.

Beamte des Landeskriminalamts waren am Freitag am Tatort, im Wohngebiet südlich der Südwesttangente in Röthenbach bei Schweinau. Sie haben das Gelände mit einem 3D-Laserscanner vermessen. Sie versuchen, die Schüsse und ihre Durchschlagskraft zu rekonstruieren.

In der kommenden Woche will Rechtsanwalt Straßner mit seinem Mandanten entscheiden, ob dieser eine weitere Aussage macht.

Das Video von der Pressekonferenz zum Fall des Heckenschützen wird präsentiert von FrankenFernsehen.tv

Hintergrund:

Vor mehr als einer Woche meldete sich bei der Polizei ein aufgelöster Fahrlehrer. Auf sein Auto war auf Höhe der Südwesttangente geschossen worden. Obwohl die Einsatzkräfte umgehend informiert wurden, konnte vorerst kein Schütze ermittelt werden. Die Beamten fanden ein verformtes Projektil in der Tür ihres Wagens.

Am Wochenende kam es erneut zu zwei Vorfällen. Eine Autofahrerin hörte einen lauten Knall und eine andere Fahrerin meldete einen Einschlag in ihrer Windschutzscheibe. Die Polizei fahndete zunächst vergeblich mit Hubschraubern und zahlreichen Einsatzkräften nach den Tätern.

Aufgrund dieser Vorfälle durchsuchte die Polizei auch am Sonntag die Umgebung der Südwesttangente. Mitglieder der Bereitschaftspolizei waren mit Metalldetektoren an der Böschung unterwegs, um Hülsen oder Projektile zu finden.

Am Montag gab die Polizei bekannt, dass bei der Suche am Sonntag keine neuen Hinweise gefunden wurden. Allerdings konnte die Polizei einen Zusammenhang zwischen den beiden älteren Fällen und den beiden neuerlichen Vorfällen ausschließen. Es wurde eine Ermittlungskommission "Tangente" eingerichtet.