Anzeige nach Schmäh-Kommentar gegen junge Polizisten

12.7.2016, 05:59 Uhr
Ein junger Mann bezeichnete am Samstag die frisch vereidigten 1165 Polizisten kollektiv als "Ratten".

© Michael Matejka Ein junger Mann bezeichnete am Samstag die frisch vereidigten 1165 Polizisten kollektiv als "Ratten".

Der Facebook-Kommentar unter einem Posting der Nürnberger Zeitung richtete sich gegen die 1165 jungen Polizisten/innen, die am Samstag in der Frankenhalle vereidigt worden waren. "1165 neue Ratten in Bayern", postete der Urheber mit einem verdrießlich blickenden Smiley. Die Bemerkung löste unmittelbar weitere zustimmende Kommentare aus.

Als "unglaublich" und "voll daneben" bezeichnet Rainer Hirschmann, der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) in Mittelfranken, diese Internet-Äußerungen. Die jungen Kollegen hätten den Polizeiberuf ergriffen, um anderen Menschen zu helfen, und müssten sich nun solche Verbalinjurien gefallen lassen. Die Beleidigung treffe auch alle anderen Polizisten, die vor dem Hintergrund des Facebook-Posts dann ja "alte" Ratten seien.

Eine Beamtin, die der Vereidigungsfeier beigewohnt hatte, stellte inzwischen Strafantrag. Es sei ein Unding, dass sich hoch motivierte junge Menschen am Tag ihrer Vereidigung solche Schmähungen gefallen lassen müssten. Nach NZ-Informationen stehen weitere Strafanzeigen gegen den jungen Mann im Raum.

Dessen Facebook-Account läuft unter dem Vor- und Nachnamen eines jungen Fußballers, der zwei Jahre lang für den 1. FC Nürnberg dem Ball hinterher jagte. Auch das Foto bei Facebook ist identisch mit Abbildungen dieses Kickers bei anderen Internet-Quellen. Ob er für die Aussage verantwortlich ist, klären jetzt Ermittler der Nürnberger Kripo.

Beleidigungen ahndet das Strafgesetzbuch (StGB) in Paragraf 185 mit bis zu einem Jahr Haft oder mit Geldstrafe. Allerdings handelt es sich um ein Antragsdelikt. Das bedeutet: Der Adressat einer Beleidigung muss sich auch beleidigt fühlen, und Strafanzeige stellen.

Im aktuellen Fall könnte die Strafanzeige zudem ins Leere laufen. Denn das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Beschluss vom 17. Mai dieses Jahres festgestellt, dass eine Verurteilung wegen Beleidigung nur dann möglich ist, wenn sich die inkriminierte Äußerung auf eine überschaubare und abgegrenzte Personengruppe bezieht (Aktenzeichen 1 BvR 257/14 und 1 BvR 2150/14).

In den beiden Fällen hatten die Beschwerdeführer die Parole "ACAB" (für: "All Cops are Bastards"/Alle Polizisten sind Bastarde) in der Öffentlichkeit getragen und waren dafür verurteilt worden. Das BVerfG hingegen vertritt die Auffassung, es habe sich um Meinungsäußerungen gehandelt, die durch das Grundgesetz gedeckt seien. Zudem träfen Beleidigungen, die sich auf ein Kollektiv beziehen, umso weniger das einzelne Mitglied, je größer dieses Kollektiv sei.

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