Assistenzhund "Malou" hilft einer Nürnberger Epileptikerin

21.6.2018, 13:23 Uhr
Assistenzhund „Malou“ merkt, wenn sein Frauchen Ina Wittmann einen epileptischen Anfall hat, und würde im Ernstfall Hilfe holen.

© Edgar Pfrogner Assistenzhund „Malou“ merkt, wenn sein Frauchen Ina Wittmann einen epileptischen Anfall hat, und würde im Ernstfall Hilfe holen.

Klingt verrückt, macht aber Sinn: "Malou" findet es toll, wenn die 31-Jährige einen epileptischen Anfall hat. Sie ist darauf getrimmt, Frauchen dann die Hand zu lecken, den Kopf auf die Knie zu legen, es zu beruhigen. Denn wenn die Episode vorüber ist, gibt es die ersehnte Belohnung.

Die burschikose junge Frau schickt "Malou" in ihren Korb, dann spricht sie freimütig über ihre Krankheit. Das gängige Bild, das die Öffentlichkeit von der Epilepsie habe, sei leider furchtbar dramatisch, sagt Ina Wittmann. Schwere Stürze, unkontrollierte Krampfanfälle, Schaum vor dem Mund, alles stark überzeichnet.

Ständig werde sie deshalb gefragt, wann ihr letzter Anfall gewesen sei. "Die denken, wir fallen alle fünf Minuten um." Dem ist nicht so. Seit Ina Wittmann mit 14 die deprimierende Diagnose bekam, hat sie mit der Epilepsie leben gelernt. Seit langem habe sie nur noch kurze Absencen, wie die leichtere Form heißt.

Training für den Ernstfall

"Malous" feine Nase riecht in Sekundenschnelle, was los ist. Mit einem T-Shirt, das den Schweißgeruch während eines Anfalls aufgenommen hat, ist sie von der Fürther Assistenzhunde-Trainerin Svenja Bardeck darauf trainiert worden. "Im Notfall nicht trennen", steht auf der signalfarbenen Kenndecke, die der schwarz-weiße Hund trägt. Mit Klettband ist ein Täschchen darauf befestigt. Wenn es Ina Wittmann sehr schlecht ginge, würde der Hund es abzupfen und Hilfe holen. Ein Zettel im Inneren nennt Krankheit, Telefonnummern und gibt kurze Anweisungen. Die gelernte Bürokauffrau hat "Malou" seit fast zwei Jahren immer neben sich. Es sei wichtig, dass ein Assistenzhund, der auf seine Besitzerin fixiert sein müsse, "einfach mal nur Hund sein" dürfe, sagt die Trainerin. Der Australian Shepherd geht deshalb regelmäßig mit Nachbarn spazieren. Ohnehin muss er ständig trainieren, damit er seine Fähigkeiten nicht verliert.

Ina Wittmann erzählt, wie und warum ihre Wahl auf "Malou" fiel. Ein Wach- oder Jagdhund sei nicht in Frage gekommen: "Ich hab’ einen Anfall und er geht Hasen jagen." Das Tier darf sie auch nicht gegen andere Menschen verteidigen. Dann hätten nämlich auch Helfer keine Chance, näher an sie heranzukommen.

Mehr Aufklärung nötig

Alles gut? Leider nicht. Der Hund, die teure Ausbildung, alles muss aus der eigenen Tasche bezahlt werden. Während Blindenhunde von den Kassen übernommen werden, ist der Assistenzhund, wie ihn auch Menschen mit Diabetes und posttraumatischer Belastungsstörung verwenden, noch nicht als "Hilfsmittel" anerkannt.

In die Arztpraxis, in den Supermarkt darf Ina ihre vierbeinige Begleiterin meist nicht mitnehmen. Am Taxistand weigerten sich "98 Prozent aller Fahrer", "Malou" einsteigen zu lassen. Und nicht selten werde ein Ausflug mit dem durch die orange Decke gekennzeichneten Hund zum Spießrutenlauf.

Alle zwei Meter werde sie angesprochen und ausgefragt. Und, viel schlimmer, „Malou“ werde ständig ungefragt gestreichelt. Eine Plage, findet Wittmann, und will aufklären über ihre Lebenssituation.

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