"Asyltourismus": Söder schickt Kampfansage an Merkel

15.6.2018, 19:27 Uhr

Einträge in das Goldene Buch der Stadt Nürnberg sind in der Regel keine Anlässe, bei der die Bundespolitik eine Rolle spielt. Im Fall von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ist das anders. Denn, was in der Republik Schlagzeilen machen wird, ist seine am Rande des Festakts erweiterte Kampfansage an Kanzlerin Angela Merkel und den Koalitionspartner SPD. Bereits am Donnerstag hatte sich der Streit über die Flüchtlingsfrage derart zugespitzt, dass das Ende der vor wenigen Monaten mühsam zusammengezimmerten Regierung in greifbare Nähe gerückt war. Im Nürnberger Rathaus bekräftigt Söder die Haltung der CSU.

Bei der Sitzung des Parteivorstands am Montag soll Bundesinnenminister Horst Seehofer in der strittigen Frage der Zurückweisung von Flüchtlingen an der Grenze der Rücken gestärkt und damit auch sein "Masterplan Migration" bekräftigt werden. Bleibt Merkel bei ihrer Haltung, müsse Seehofer im Notfall eben alleine handeln, um das in Söders Augen wichtigste Thema für die Deutschen anzugehen.

Söder spricht von "Asyltourismus"

Söder will den "Asyltourismus" beendet sehen, womit er erneut einen äußerst umstrittenen Begriff verwendet, der seit Jahrzehnten auch immer wieder von Rechtsextremen genutzt wird. Auf dem Spiel stehe in der ganzen Diskussion aber auch die Glaubwürdigkeit der CSU. "Im Moment verprellt man die Bevölkerung", so der Ministerpräsident. Eine Lösung auf europäischer Ebene beim Gipfeltreffen in zwei Wochen, auf das Merkel seit Monaten hinarbeitet, weil in ihren Augen die Flüchtlingspolitik innerhalb der Europäischen Union kein Spielball sein darf, ist laut Söder nicht zu erwarten.

Zumindest nicht, solange Deutschland seinerseits kein deutliches Signal setze. Zweifel an der EU Die EU sei mittlerweile geprägt von Ländern mit "einzelnen Entscheidern" an der Spitze. Vor dieser Realität könne niemand seine Augen verschließen, meint Söder mit Blick auf die nationalistischen Regierungen in Österreich und nun auch in Italien. "Wenn es Deutschland nicht schafft, die Asylpolitik anders zu gestalten, ist die Demokratie gefährdet."

Söder will mehr über Ängste sprechen

Die Frage,ob mit einer auf die Flüchtlingspolitik fokussierten und bisweilen von der CSU sehr laut geführten Debatte der Demokratie zusätzlicher Schaden drohe, stellt sich für Söder dabei nicht. Ohne ein einziges Mal direkt auf die AfD einzugehen, die nach aktuellen Umfragen zur bayerischen Landtagswahl im Oktober auf über 13 Prozent der Stimmen kommen könnte, erklärt er: "Die Stimmung im Volk hat sich grundlegend geändert." Die Menschen im Land fühlten sich zum Teil und durch die wiederkehrenden Berichte über Gewalttaten von Asylsuchenden oder auch Ausschreitungen in Gemeinschaftsunterkünften wie zuletzt in Waldkraiburg gar "in ihrer Barmherzigkeit" betrogen.

Darüber, meint Söder, müsse mehr statt weniger gesprochen werden. Gerade für Politiker in Berlin sei es "nicht leicht, auf die Ängste der Menschen zu reagieren". Doch in Zeiten des Rechtspopulismus müssten die Sorgen ernst genommen werden, unabhängig von der Parteizugehörigkeit und zum Wohle der in seinen Augen bedrohten politischen Grundordnung in Deutschland und anderswo. Zweifel an der Wirksamkeit eines solchen Kurses sind dabei nicht die Sache von Söder. Insgesamt sei er überrascht, dass seine Haltung und die seiner Partei aktuell "strittig gestellt" werden.

Die CSU handle nicht, wie von Kritikern unterstellt, parteitaktisch, sondern rechtsstaatlich. "Es geht nicht um die Frage CDU/CSU" oder "den Koalitionsfrieden", sondern um eine "klare Linie" und "vernünftige Entscheidungen", die sich nicht an Personalfragen und damit auch der Kanzlerin orientieren würden. "Dazu werden Sie von mir kein Wort hören", sagt Söder. Und wie geht es weiter? Söder rechnet mit einem ruhigen Wochenende. Am Montag werde dann weiterdiskutiert. "Sachlich", wie er sagt.

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