Äthiopischer Student: Erst Auszeichnung, dann Abschiebung

22.5.2018, 05:49 Uhr
Neguss M. stand schon am Frankfurter Flughafen, die Maschine der "Ethiopian Airlines" war startklar. Doch plötzlich wurde die Abschiebung überraschend abgebrochen. (Symbolbild)

© Patrick Seeger Neguss M. stand schon am Frankfurter Flughafen, die Maschine der "Ethiopian Airlines" war startklar. Doch plötzlich wurde die Abschiebung überraschend abgebrochen. (Symbolbild)

Auf dieses Foto ist der 34-Jährige mit der Afro-Frisur besonders stolz: Oberbürgermeister Ulrich Maly überreicht ihm bei einer Feierstunde ein Zertifikat, das er in einem Management-Kurs des Unternehmervereins Tiad erworben hat. M. hat sich dafür in einen Anzug mit Einstecktuch geworfen, lächelnd greift er nach seinem Zeugnis. Nächstes Jahr will der Student an der Uni Erlangen seinen Master machen. Er ist weit gekommen in Deutschland.

Doch als jetzt zwei Polizisten an seine Tür in der Asylbewerberunterkunft Kohlenhof klopften, schien seine Erfolgsgeschichte abrupt zu enden. Stunden später stand er am Frankfurter Flughafen, die Maschine der "Ethiopian Airlines" war startklar. Er sei vor Angst "fast gestorben", sagt er; als Oppositioneller sei er unter dem autoritärem Regime dort nach wie vor in akuter Lebensgefahr.

"Äthiopien nimmt ihn nicht zurück"

Die Abschiebung wurde überraschend abgebrochen. Nicht nur, weil sich M. weigerte, einzusteigen. Rechtsanwalt Wolfram Steckbeck dazu: "Äthiopien nimmt ihn nicht zurück."

Der Student sei da kein Einzelfall, das afrikanische Land gehöre wie auch Iran zu den Staaten, die abgelehnte Asylbewerber fast ausnahmslos nicht über ihre Grenzen lassen. Steckbeck will für den 34-Jährigen, dessen Asylgesuch 2015 abgelehnt wurde, erneut einen Antrag auf Duldung stellen. Wenn ein Mensch nicht abgeschoben werden könne, müsse er geduldet werden, sagt der Jurist.

Am 2. Mai hatte die Stadt gegen den Mann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen. Vier Wochen lang hätte M. laut Rechtsbehelfsbelehrung dagegen Klage einlegen können. Doch bereits fünf Tage später stand die Polizei vor der Türe. "Eine Klage hat keine aufschiebende Wirkung", erklärt Olaf Kuch, der Chef des Ausländeramts. Vollziehbar sei der Bescheid deshalb sofort.

Menschen seien in Panik

Dem Vernehmen nach haben aktuell viele äthiopische Flüchtlinge solche Bescheide erhalten. Die Menschen seien in Panik, berichten Unterstützer, obwohl die Drohung völlig sinnlos sei. Ihre alte Heimat wolle sie nicht haben, die neue, wie es aussieht, allerdings auch nicht.

Anwalt Steckbeck erklärt sich den aktuellen Druck der Behörden auf die Äthiopier mit der bevorstehenden Landtagswahl. Mit diesem Aktionismus wolle die bayerische Politik den AfD-Wählern demonstrieren, dass sie etwas tue.

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