"Auch ein Beitrag zur Herzensbildung"
24.10.2016, 06:22 UhrNach dem ersten Bericht im April 2015 legt das Bündnis für Familie nun eine zweite Situationsbeschreibung von Nürnberger Familien vor, zusammengestellt von der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Manuela Schmidt in rund dreivierteljähriger Arbeit.
Schmidt hat dafür über 40 Interviews mit Betroffenen geführt, die aus ihrem Familienleben mit seinen täglichen Herausforderungen erzählt haben – die meisten anonym, einige haben ihre Identität preisgegeben. Das vorliegende Ergebnis soll zeigen, was solche Familien bewegt, wie sie mit bestehenden Hilfsangeboten zurechtkommen, welche anderen oder zusätzlichen sie sich wünschen würden, wie sie schließlich ihre Situation persönlich empfinden und beurteilen. "Das hat Lesebuch-Charakter", findet Doris Reinecke, Geschäftsführerin des Bündnisses für Familie.
Dem Sozialreferenten ist klar, dass sich mit derartigen Berichten "nicht die Welt verändern" lasse, sie seien aber sehr wohl geeignet, den Fokus auf bestimmte Personenkreise zu richten. Prölß weist jedoch auch auf die Schwierigkeit der Datenlage hin, solche Familien quantitativ zu erfassen. Der Bericht kann also keine Zahlen auflisten, wie viele betroffene Familien es in Nürnberg gibt. Und weil die nicht alle den Überblick haben, wo sie Unterstützung finden können, soll er unter anderem eine Übersicht über bestehende Angebote geben – respektive darüber, wie die einzelnen aufeinander abgestimmt sind.
Last but not least soll der Bericht Prölß zufolge "auf eine Bewusstseinsveränderung hinwirken" und zum Beispiel im Ausbildungsbereich oder bei Veranstaltungen bekannt gemacht werden. Er könne zudem "Mut machen" angesichts "der Ressourcen und Potenziale, die in diesen Familien entwickelt werden".
Nach Ansicht der Verfasserin Manuela Schmidt sind folgende Punkte zentral in dem Bericht:
▸ Ein gemeinsames Aufwachsen von Kindern mit und ohne Behinderung sollte möglich sein. Das trage nach Aussagen der Interviewten eindeutig auch zur "Herzensbildung" bei.
▸Der Abbau der Stigmatisierung von Menschen mit psychischer Erkrankung muss weiter vorangetrieben werden.
▸ In den Schulen tut – auch nach Ansicht von Experten – eine noch stärkere Sensibilisierung gegenüber dem Thema Behinderung und Nichtbehinderung not.
▸ Zahlreiche Eltern von Kindern mit Behinderung wünschen sich eine zentrale Anlaufstelle für ihre Probleme. Das lässt sich laut Prölß allerdings schon wegen der unterschiedlichen Trägerschaft einzelner Einrichtungen nicht verwirklichen.
▸ Jugendliche mit Behinderung streben eine Ausbildung auf dem ersten Arbeitsmarkt an, nicht in Behinderteneinrichtungen.
▸ Kindern mit Behinderung sollte laut den Befragten mit mehr Wertschätzung begegnet werden.
Und welche Konsequenzen will der Sozialreferent aus dem Bericht für die Stadt Nürnberg ziehen? "Die Informationslage für Eltern lässt sich noch verbessern", räumt Reiner Prölß ein, außerdem könnten einzelne Angebote besser miteinander verzahnt werden.
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