Auch in Nürnberg: Verzweifelte Suche nach Hebammen

24.11.2017, 16:09 Uhr
Auch in Nürnberg: Verzweifelte Suche nach Hebammen

© Foto: Wolfram Kastl/dpa

Eigentlich könnte sich die Klinik Hallerwiese freuen. Rund 3500 Babys kamen im vergangenen Jahr hier auf die Welt und machten sie so zur größten Geburtsklinik in Nürnberg. Deutschlandweit rangiert sie in diesem Feld auf dem achten Platz, betont Verwaltungsleiterin Kathrin Meckel. Gleichzeitig hat die Hallerwiese mit 23 freiberuflichen und sechs angestellten Hebammen ein Team, das flexibel reagiert: Sind keine Geburten zu betreuen, geht jemand aus der Schicht nach Hause. Klingeln unerwartet viele Schwangere an der Tür, kommen Kollegen zur Verstärkung dazu. Dieses System sei "ideal", erklärt Professor Franz Kainer. Der Chefarzt der "Geburtshilflichen Abteilung" arbeitete bereits in vielen Kliniken.

Doch dieses System wankt. Der Grund: Eine Schiedsstelle, die zwischen den Hebammenvertreterinnen und den Gesetzlichen Krankenkassen vermitteln sollte, hat im September beschlossen, dass Hebammen nur noch zwei Geburten gleichzeitig betreuen dürfen. Damit solle die Qualität in der Geburtshilfe verbessert werden, so die Schiedsstelle. Die neuen Regelungen gelten ab dem 1. Januar 2018.

Die Klinik Hallerwiese führt daher neue Organisationsabläufe ein und sucht nach mehr Hebammen. Doch der Arbeitsmarkt ist inzwischen leer gefegt. So kulminieren drei Entwicklungen in einer bedenklichen Situation: Immer mehr Geburten, Hebammen, die weniger abrechnen dürfen - bei gleichzeitiger Personalnot. Es ist abzusehen, dass die Klinik Hallerwiese, ebenso wie andere Einrichtungen mit Geburtshilfestationen, neu kalkulieren müssen wird. Wie viel die Umsetzung des Schiedsspruchs kosten wird, konnte Verwaltungsleiterin Meckel nicht sagen. Jede unproblematische Geburt vergüte die Kasse mit 1500 Euro, alle Leistungen - vom ersten Schritt in den Kreißsaal hinein bis hin zum Verlassen der Drehtür mit dem Baby auf dem Arm - fallen unter diese Pauschale.

Seit Jahren gibt es zu wenig Hebammen, die in der Geburtshilfe tätig sind. Da Fehler auf diesem Gebiet schnell zu massiven Klagen vor Gericht führen, müssen Hebammen immer höhere Versicherungsprämien bezahlen. Zwar bekommen die Frauen ab Januar 17 Prozent mehr Geld, auch das ist Teil des Schiedsspruchs. Dafür wurde das Wegegeld im Oktober gestrichen. Angesichts der relativ bescheidenen Bezahlung überlege jede Hebamme sich genau, ob der Beruf mit seinen hohen Anforderungen sich noch rechne, erklärt Corinna Beichele, die Sprecherin der Beleghebammen an der Hallerwiese.

Der Schiedsspruch fördere das - weniger effektive - System, bei dem mehr festangestellte Hebammen in den Kliniken arbeiten, erklärt Professor Kainer. Zudem werden unter diesem Kostendruck Kliniken mit kleinen Geburtsabteilungen schließen, schwangere Frauen und werdende Väter müssen in Zukunft zu den großen Geburtskliniken fahren. "Bei uns braucht aber keine Schwangere zu befürchten, dass sie abgewiesen wird", betont er.

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