Auf der Spur der Spielzeuge

31.1.2016, 21:34 Uhr
Auf der Spur der Spielzeuge

© Foto: Kurt Fuchs

Nürnberg war und ist eine Spielzeugstadt von Weltrang: Ihre Tradition reicht von den „Dockenmachern“ (Puppenmachern) des Mittelalters über Zinnfigurenhersteller und die Blechspielzeugfabrikanten des Industriezeitalters bis hin zur heute endenden Internationalen Spielwarenmesse, der weltweit bedeutendsten Fachmesse ihrer Art.

„Früher sah man das auch ganz deutlich am Stadtbild", erklärt Gästeführerin Gabriele Stauss, die Messebesuchern auf einem Stadtspaziergang Nürnbergs Spielzeuggeschichte näherbrachte. In der Brunnengasse unweit der Lorenzkirche etwa befand sich von 1835 bis 1928 die Spielwarenfabrik von Christian Hacker (1802—1882), die für ihre Holzspielzeuge bekannt war.

„Nürnberger Tand geht durch alle Land“ heißt es an der Fassade der IHK-Zentrale am Hauptmarkt. Erstmals verwendet wurde die Bezeichnung „Tand“ im 16. Jahrhundert für das Zankeisen, ein Kinderspielzeug von Hans Ehemann, später vermutlich auch für Messingpfennige zum Lösen von Rechenaufgaben. Im 19. Jahrhundert noch positiv besetzt, bezeichnete man im Zeitalter der industriellen Massenfertigung mit „Tand“ billige Massenware. Doch auch zu diesen Zeiten war die Region Nürnberg—Fürth—Zirndorf ein wichtiges Zentrum für Qualitätsprodukte. 1913 entstand hier ein Drittel des gesamtdeutschen Exports an Spielwaren.

Ein paar Meter von der IHK entfernt, am Obstmarkt, stand einst das Wohn- und Geschäftshaus von Georg Hieronimus Bestelmeier (1764—1829). Sein 1803 erschienener „Gesamtkatalog“ gilt als Vorläufer der heutigen Versandkataloge. Bestelmeier bot zahlreiche Artikel „zur lehrreichen und angenehmen Unterhaltung für die Jugend“ an — so nannte er zumindest seinen ersten Versandkatalog. Ein Viertel seines Angebotes bestand aus Zauberkästen, darüber hinaus verkaufte er aber etwa auch für Mädels.

Auf der Spur der Spielzeuge

© Foto: Stefan Hippel

Etwas weiter nördlich des Obstmarkts, in der Unteren Krämersgasse, befindet sich in einem 400 Jahre alten Fachwerkhaus einer der wohl kleinsten Läden der Stadt. Die Puppendoktorin Rose Weihreter, gelernte Farbtiefdruck-Retuscheurin, machte hier vor 35 Jahren ihr Hobby zum Beruf. Auf zwölf Quadratmetern hängen Marionetten von der Decke, sitzen Puppen auf Regalen und Sofas, blicken Rauschgoldengel durch das Fenster. Die Köpfchen der Engel sind fast 100 Jahre alt, die Kleider faltet Weihreter mit der Hand aus Goldpapier neu. „Leider gibt es kaum mehr Geschäfte wie dieses“, sagt Gästeführerin Gabriele Stauss. Der Puppenladen von Rose Weihreter hat nur noch von Freitag bis Sonntag geöffnet.

Weiter westlich gibt es in der Karlstraße Spielwarengeschichte auf vier Etagen zu bewundern. Seit seiner Eröffnung zur Spielwarenmesse 1971 haben weit über fünf Millionen Menschen das Spielzeugmuseum besucht, das nach mehrfacher Erweiterung mittlerweile über etwa 1400 Quadratmeter Ausstellungsfläche und mehr als 80 000 Objekte verfügt.

Die glorreichen Zeiten unabhängiger Nürnberger Spielwarenproduzenten wie Arnold, Trix oder LGB sind jedoch vorbei. 2008 hat die Österreichische Roco Modelleisenbahn GmbH das Nürnberger Traditionsunternehmen Fleischmann übernommen und den Firmensitz nach Heilsbronn verlagert. Seit August 2015 befindet sich der Modelleisenbahnhersteller im Insolvenzverfahren.

Das große Geschäft wird heute in Fürth gemacht. Die Simba-Dickie-Gruppe hat auch einige bekannte Nürnberger Marken, zum Beispiel Schuco oder Trix, erworben. So lebt die Nürnberger Spielzeugtradition doch noch weiter.

Auch außerhalb der Messezeit können Interessierte Führungen zur Spielzeuggeschichte buchen. Informationen dazu gibt es in der Tourist-Information am Hauptmarkt oder im Internet unter www.tourismus.nuernberg.de

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