Auf Nürnbergs Schrottplätzen stapeln sich alte Diesel-Autos

24.3.2018, 05:52 Uhr
Auf Nürnbergs Schrottplätzen stapeln sich alte Diesel-Autos

© Carsten Rehder/dpa

Nein, beschweren kann sich Karl-Heinz Gruhn derzeit nicht. Zumindest, was seinen Bestand an Diesel-Fahrzeugen angeht. Nicht nur, dass er deutlich mehr davon auf seinem Betriebsgelände herumstehen hat als sonst: Die Fahrzeuge, die darauf warten, in ihre Einzelteile zerlegt zu werden, sind auch deutlich besser in Schuss als üblich. "Es kommen derzeit wesentlich mehr und vor allem jüngere Diesel-Fahrzeuge", berichtet der Inhaber des in Neunkirchen am Sand ansässigen Unternehmens, das als einer der größeren Autoverwerter im Großraum sehr viele Nürnberger Kunden hat. "Es werden schon Autos der Baujahre 2008 bis 2004 abgegeben, für die man vor kurzem noch Geld gekriegt hätte." 

10.000 Euro Belohnung 

Der Grund steht für ihn fest. Gruhn ist überzeugt, dass die aktuelle Entwicklung vor allem auf die Diesel-Abwrackprämien diverser Autohersteller zurückzuführen ist. Wer seinen alten Diesel–Pkw verschrottet, erhält bei den meisten Marken derzeit satte Preisnachlässe für den Kauf eines benzinbetriebenen Fahrzeugs. Während Mercedes und BMW beispielsweise ihren Kunden eine "Umtausch"- oder "Umweltprämie" von 2000 Euro bieten, ist bei Marken wie Opel, Ford, Nissan, Renault Citroën modellabhängig sogar doppelt, drei- oder viermal so viel drin. VW und Hyundai bieten gar bis zu 10000 Euro für die Entsorgung eines älteren Diesel-Pkw der Abgasnormen Euro 1 bis 4.

Kaufanreize, die ihre Wirkung offenbar nicht verfehlen, wie auch Günther Wasner, Geschäftsführer von Autorecycling Penkert, bestätigt. Auf dem Firmengelände an der Daimlerstraße, wo laut Wasner sonst
etwa 1000 Autos pro Jahr zerlegt und verwertet werden, ist derzeit viel los. "Der monatliche Zulauf ist aktuell zwei- bis dreimal so hoch wie sonst", sagt Günther Wasner. Natürlich seien darunter auch benzinbetriebene Autos. Aber er stellt ebenfalls fest, dass aktuell sehr viele Diesel-Autos bei ihm landen. 

Keine Wiederholung

Die Kampagnen der Autohersteller, ist er überzeugt, schlagen durch. Einen ähnlichen Ausnahmezustand, wie ihn 2009 die staatliche Abwrackprämie ausgelöst hatte, sieht er auf die Branche aber ebenso wenig zukommen wie Karl-Heinz Gruhn. Gruhn, auf dessen 35.000 Quadratmeter großen Betriebsgelände im Industriegebiet Speikern derzeit etwas mehr als 800 Pkw stehen, weiß lediglich von einem Kollegen in Ingolstadt, dessen Schrottplatz aktuell aus allen Nähten platzt. "Aber die haben ja auch das Audi-Werk vor der Tür", erklärt Karl-Heinz Gruhn.

Noch ruhiger als bei den Autoverwertern sieht es in der Linzer Straße am Hafen aus: Beim Recyling-Riesen Max Aicher ist laut Geschäftsführer Roland Fischer von einer Abwrackwelle derzeit nichts zu spüren. Zumindest noch nicht, schränkt Fischer ein: Der Schredder, der jedes Jahr im Schnitt 25.000 Fahrzuge zerkleinert, sei schließlich das Endglied in der Entsorgungskette. Heißt: Hier landet in der Regel nur, was sich auch nicht mehr ins Ausland verkaufen lässt oder was die Verwertungsbetriebe zuvor ausgeschlachtet haben, um die Teile zu verkaufen. 

Geduld ist gefragt

Und auch wenn die Auswirkungen der aktuellen Wechselkampagnen doch noch zeitverzögert bei den Recycling-Betrieben ankommen könnten, glaubt Fischer nicht, dass bald alle Diesel auf dem Schrottplatz landen: "Wir haben derzeit noch kein Fahrverbot." Bevor tatsächlich ein Run auf die Schrottplätze einsetzt, vermutet Fischer, "dürften die meisten Verbraucher derzeit erst einmal abwarten". 

Unerschrockene, die sich von den Diskussionen um den Diesel-Motor nicht beeinflussen lassen und gar über den Kauf eines solchen Autos nachdenken, sollten dagegen nicht warten, findet Mehmet Tozan. "Die Preise sind derzeit so attraktiv wie nie", sagt der Inhaber von M.T. Automarkt, der nicht an ein rasches Aus für Diesel-Fahrzeuge auf Deutschlands Straßen glaubt: "Ich habe erst heute einen Jaguar SUV mit Diesel-Motor verkauft — an einen Händlerkollegen", berichtet er. Zweifel, dass er den loskriegt, kann also auch er keine haben. "Eine ähnliche Panik gab es vor Jahren auch beim Thema G-Kat", erinnert sich Mehmet Tozan, "aber das hat sich ja dann auch wieder alles beruhigt." 

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