Bahnhofsbunker: Museumspläne scheitern am Geld

3.1.2018, 06:00 Uhr
In der ersten Januar-Woche ist der Bunker unter dem Bahnhof regelmäßig geöffnet.

© Roland Fengler In der ersten Januar-Woche ist der Bunker unter dem Bahnhof regelmäßig geöffnet.

10 Uhr, Ralf Arnold, der Vorsitzende des Fördervereins Nürnberger Felsengänge, steht in der Schleuse, die in den ABC-Bunker unter dem Nürnberger Hauptbahnhof führt. Bis 7. Januar führen er und seine Kollegen im Halbstundentakt durch den Schutzraum, in dem sich die Ängste der 70er Jahre vor einem Atomkrieg eindrucksvoll nachempfinden lassen. Arnold setzt sich seit über zwei Jahren dafür ein, dass aus dem Bunker für 2448 Menschen ein Museum wird.

Der Bauausschuss solidarisierte sich im Herbst 2015 mit der Idee des Vereins, nicht nur regelmäßige Führungen anzubieten. Sondern auch Ausstellungen und kulturelle Veranstaltungen wie historische Vorträge.

Gestern Früh war Arnold noch zuversichtlich, dass es bald losgehen kann mit den regelmäßigen Führungen. Er ist erleichtert, weil nach einem über vier Jahre währenden Streit zwischen Stadt und Deutscher Bahn darüber, wem der Bunker gehört, die Eigentumsfrage endlich geklärt ist. Die Stadt hat den Finger gehoben. "Jetzt vertraue ich darauf, dass sie auch ein Konzept für regelmäßige Veranstaltungen mit uns umsetzt", sagt Arnold.

Doch ein Anruf bei der Chefin des Hochbauamts bringt Ernüchterung. "Die Verwaltung rät nicht dazu, den Hauptbahnhofbunker dauerhaft als Museum einzurichten oder dort regelmäßig Führungen anzubieten", sagt Petra Waldmann. Eine neue Lüftung, Elektroleitungen, ein Notstromaggregat, Brandschutz und Fluchtwege würden eine immense Summe verschlingen. "Da bauen wir lieber neue Schulen", sagt Waldmann.

Führungen im Bunker nicht ausgeschlossen

Gegen "sporadische Führungen" spreche nichts, ergänzt sie. Oft werden ausgemusterte Schutzräume aus dem Kalten Krieg auch als Lager vermietet, doch für den Hauptbahnhofbunker komme das nicht in Frage. "Auch dafür müssten wir in die Technik investieren." Die Stadträte werden im nächsten Bauausschuss entscheiden, ob sie den Empfehlungen des Hochbauamtes folgen.

Auch Arnold und seine Vereinskollegen müssen sich jetzt überlegen, wie sie auf die Hiobsbotschaft aus der Baubehörde reagieren. Aus Anlass der verheerenden Nürnberger Bombennacht vom 2. Januar 1945 führen sie noch bis 7. Januar täglich von 10 bis 17 Uhr durch den Bunker, in dem jeder Zufluchtsuchende gerade mal einen halben Quadratmeter Platz gehabt hätte. Zwei Wochen lang hätte er Schutz geboten, dann wäre dem Dieselmotor der Sprit ausgegangen, wäre es zu Ende gewesen mit Frischluft und Wasser.

Dass nach einem Atomangriff die Luft jenseits der schweren Stahltüren viel länger verstrahlt gewesen wäre, sei den Konstrukteuren der bundesweit 2000 Bunker klar gewesen, sagt Arnold. Er habe mit Planern von damals gesprochen. "Die Bunker waren eine psychologische Geschichte, man wollte den Leuten das Gefühl geben: Auch nach einem Atomangriff geht es weiter, irgendwie."

Wer nicht in den 70er und 80er Jahren schon erwachsen war oder mit Nenas Anti-Kriegslied "99 Luftballons" aufwuchs, der kann die Angst vor einem dritten Weltkrieg kaum nachvollziehen. „Auch in den Schulen ist das Thema etwas fleischlos, Lehrer haben mir bestätigt, dass die Schüler nach dem Besuch im Bunker viel interessierter bei der Sache sind“, sagt Arnold. Es sei wichtig, dass auch nachfolgende Generationen nicht vergessen: "Krieg ist das Verheerendste, was passieren kann." Auch deshalb müsse der Hauptbahnhofbunker als Ort der Erinnerung erhalten werden.

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