Beistand nach Unfällen und Übergriffen in der VAG
3.2.2018, 05:48 UhrZuhören, beruhigen, den Weg zum Arzt oder nach Hause organisieren, einfach da sein: Die Erstbetreuer stehen den Mitarbeitern der Verkehrs-Aktiengesellschaft Nürnberg (VAG) nach einem traumatischen Ereignis bei. Ein schwerer Arbeitsunfall, ein Suizidversuch, ein tödlicher Zusammenstoß, ein Fahrgast, der reanimiert werden muss: In diesen Situationen wird bei der VAG ganz selbstverständlich auch der Erstbetreuer gerufen. Seit 2004 sind die freiwilligen Helfer, alle übrigens selbst VAG-Mitarbeiter, im Einsatz. Dies sei eine wichtige Hilfe, betont der stellvertretende Betriebsleiter für den Bereich Straßenbahn und U-Bahn, Horst Osterrieder.
Nach einem Unglück zählt jede Minute: Die Feuerwehr sichert die Unfallstelle, Notarzt und Sanitäter versorgen die Verletzten, die Polizei ist zuständig für die Unfallaufnahme. "Die sind alle beschäftigt — um den Fahrer, die Fahrerin kann sich keiner kümmern, weil keine Zeit ist."
Die Erstbetreuer vermitteln die Botschaft: "Ich bin für dich da!" Mit diesem Satz meldete sich der ehrenamtliche Helfer Ludwig Fleischmann Anfang 2017 bei seinem Kollegen nach einem schrecklichen Unfall in der Südstadt: Eine Frau war damals von einer Straßenbahn erfasst worden, sie erlag an Ort und Stelle ihren Verletzungen. Der Straßenbahnfahrer sei sehr ruhig gewesen, erinnert sich Ludwig Fleischmann: "Er war so weiß im Gesicht." Als dann der Leichenwagen kam, sorgte der Ehrenamtliche dafür, dass sein Kollege im Rettungswagen blieb — er wollte ihn aus der bedrückenden Situation heraus halten.
Die derzeit elf Erstbetreuer — bald werden es standardmäßig wieder 20 Helfer sein — achten darauf, was ihr Kollege gerade braucht. Und manchmal, da müsse man einfach Entscheidungen für die geschockten Kollegen treffen, wie Erstbetreuer Christian Urban sagt: "Wir organisieren vieles." Die Zahl der Einsätze schwankt: 2012 wurden die Freiwilligen elfmal gerufen, im Jahr 2014 gab es 24 Einsätze, 2017 waren es elf Einsätze. Tendenziell gibt es bei der VAG aber immer mehr Verkehrsunfälle: Waren es 2012 noch 127 Unfälle, so wurden 2017 152 Zusammenstöße registriert.
Auch die körperlichen Angriffe von Kunden auf Fahrer, Fahrausweisprüfer und andere VAG-Mitarbeiter nehmen zu. Immer öfter werden VAG-Beschäftigte geschlagen, geschubst, getreten: 2013 wurden noch 31 gewalttätige Übergriffe gegenüber VAG-Mitarbeitern gemeldet, im vergangenen Jahr waren es 52.
Mitunter kommt es vor, dass die Erstbetreuer Hilfe brauchen. So engagiert sich Busfahrer Reinhard Kuhn seit Start des Projekts als Ehrenamtlicher — und musste vor einigen Monaten einen schweren Übergriff erleiden. Nach dem Polizeieinsatz eilte sogleich ein Ersthelfer zu ihm: Es war ein vertrauter Kollege, der sich nach dem ihm bestens bekannten Erstbetreuer-Ablauf kümmerte. Es waren die Sätze, die er sonst selbst sagte — und sie gaben ihm Kraft. Wenigstens eine positive Nebenwirkung hat das schlimme Erlebnis: "Jetzt kann ich mich noch besser in die Lage der Betroffenen hinein versetzen."
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