Beleidigt, gekratzt und gebissen: Nürnbergerin vor Gericht

4.5.2017, 17:17 Uhr

Es war eine ordinäre Schimpftirade, die am 14. April 2016 in der Salzbrunner Straße in Langwasser zu hören war – gegen 13.15 Uhr forderte Sabine S. (Namen der Betroffenen geändert) ihre Widersacherin lauthals auf, die Wohnung zu verlassen, um zu ihr auf die Straße zu kommen. "Ich bring dich um!", soll sie gekreischt haben.
Mehr als ein Jahr später sitzt Claudia P. (46) als Zeugin vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth, kann die Tränen kaum zurückhalten und ringt um ihre Fassung. Sie ignorierte das Geschrei und blieb in ihrer Wohnung im zweiten Obergeschoss.

Erst gegen 14.30 Uhr verließ sie, bepackt mit einem Rucksack und einer Mülltüte, das Haus. Was sie nicht ahnte: Vor der Tür lag Sabine S. auf der Lauer – wie eine Katze, die ihre Beute abpasst, soll sie die Geschädigte angesprungen haben. Sie kratzte ihr mehrfach über das Gesicht, biss ihr in den Unterarm. Im Gerangel versuchte sie angeblich, ihrem Opfer Kabelbinder um den Hals zu legen.

Eifersucht als Motiv?

Bis heute, so Claudia P., leide sie unter Schlafstörungen und versuche den Übergriff zu verdrängen. Sowie der Prozess vorbei ist, wolle sie, die Frau arbeitet als Altenpflegerin, eine Kur machen. Immer wieder betont sie, dass sie nicht fassen könne, dass Sabine S. noch "frei herumlaufen darf".

Ihr Sohn (15), er kam gerade mit dem Rad von der Schule nach Hause, eilte ihr damals zu Hilfe. Auch ihr Stiefvater mischte sich ein, entriss Sabine S. die Kabelbinder. Zwei Jugendliche aus der Nachbarschaft, zufällige Augenzeugen, holten eine Freundin der Geschädigten – bis die Polizei kam, drückte die ganze Gruppe die Angreiferin auf den Asphalt

Im Oktober wurde im Amtsgericht versucht, zu rekonstruieren, was damals geschah – versuchte gefährliche Körperverletzung und vorsätzliche Körperverletzung lautete der Vorwurf.

Doch als Sabine S. zu Protokoll gab, dass sie die Widersacherin umbringen wollte, wurde das Verfahren an das Schwurgericht verwiesen, nun steht versuchter Totschlag im Raum. Sabine S., flankiert von Verteidiger Michael Spengler, schweigt nun zu den Vorwürfen. Doch woher kommt nur der vermeintliche Groll gegen Claudia P.?

Eifersucht könnte die zerstörischer Kraft gewesen sein: Claudia P. hat auch eine Tochter, mit dem Kindsvater hatte Sabine S. bereits vor Jahrzehnten ein Verhältnis. Er beschreibt Sabine S. als "liebe Frau", doch die halbe Nachbarschaft glaube, dass "irgendetwas nicht mit ihr stimmt".
Die seriöse Diagnose, ob Sabine S. psychische Probleme hat, wird der Gerichtsgutachter treffen. Psychiater Michael Wörthmüller sitzt als Sachverständiger in dem Prozess. Derzeit rechnet die Schwurgerichtskammer mit zwei Verhandlungstagen.