Beratung gegen Radikalisierung seit Axt-Attacke gefragt

23.7.2016, 06:00 Uhr
Der Screenshot eines Internet-Videos, das vom IS-Sprachrohr Amak verbreitet wurde, zeigt einen 17-jährigen Mann aus Afghanistan. Er griff am Montag in einem Regionalzug bei Würzburg mehrere Menschen mit Axt und Messer an.

© dpa Der Screenshot eines Internet-Videos, das vom IS-Sprachrohr Amak verbreitet wurde, zeigt einen 17-jährigen Mann aus Afghanistan. Er griff am Montag in einem Regionalzug bei Würzburg mehrere Menschen mit Axt und Messer an.

Normalerweise wird die Stelle rund 80 Mal im Monat kontaktiert, pro Woche werden etwa acht Fälle als relevant eingestuft und an unterstützende Organisationen weitergegeben, die die betroffenen Familien dann vor Ort besuchen. Jetzt seien es deutlich mehr Anfragen als sonst, erklärt Florian Endres, Leiter der Nürnberger Beratungsstelle Radikalisierung.

Prinzipiell werden laut Endres die radikalisierten Jugendlichen immer jünger: Während noch vor zwei Jahren das Durchschnittsalter bei rund 19 Jahren lag, sind sie heute nicht mehr ganz 18 Jahre alt. Gleichzeitig wenden sich mehr Mädchen dem Salafismus zu. Eine Radikalisierung könne innerhalb von Wochen passieren; in manchen Fällen beschlossen Jugendliche wenige Wochen nach der Konversion, nach Syrien auszureisen und dort für den IS zu kämpfen.

Islamistisch motivierte Attentate in Deutschland.

Islamistisch motivierte Attentate in Deutschland. © Infografik / AFP / Matthias BOLLMEYER

Auch im Fall des 17-jährigen afghanischen Attentäters hatte das Umfeld angegeben, nichts von einer Radikalisierung mitbekommen zu haben. Zu erkennen sei eine Radikalisierung oft in einem extremen Dogmatismus, den die Jugendlichen an den Tag legen. "Die sehen nur noch schwarz und weiß – gute Gläubige und schlechte Ungläubige", sagt Endres. Da werde auch die Mutter angewiesen, "sich ordentlich zu bedecken".

Was vielen dieser radikalisierten Jugendlichen gemein ist: "Sie haben wenige Strategien an der Hand, um Problemstellungen in der Griff zu kriegen", sagt Endres. Dazu kommt oft ein Gefühl, nicht wertgeschätzt zu werden. Und bei denjenigen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, auf die all das zutrifft, fällt noch die Familie als stützendes Element weg.

Salafisten geben den Betroffenen vermeintliche Antworten: Einen stark strukturierten Alltag, klare Handreichungen, was richtig und was falsch ist. All das, ohne allzu tief in den Islam eintauchen zu müssen: "Das religiöse Wissen ist eher rudimentär", sagt Endres. Und sobald sich ein Jugendlicher den Salafisten anschließt, erfährt er eine "wahnsinnige Aufwertung seiner Person".

Die Beratungsstelle ist Montag bis Freitag von 9 bis 15 Uhr erreichbar unter 0911-943 43 43 oder beratung@bamf.bund.de