Bernd List will die FDP in den Landtag bringen

2.10.2018, 10:59 Uhr
Bernd List will die FDP in den Landtag bringen

© Foto: Anestis Aslanidis

Im Frühjahr ist Bernd List mit seiner Frau mal nach München gefahren, sich umschauen. Es war Tag der offenen Tür im Landtag. "Schon echt schön, der Plenarsaal, so im Grünen gelegen." Was wäre, wenn er plötzlich Politiker wäre? List nimmt diese Frage ziemlich ernst. Obwohl er auf dem vorletzten Platz der Mittelfranken-Liste bescheidene Chancen aufs Mandat hat. Er wollte freiwillig auf den letzten, "da fällt man beim Wähler auf", dann schob ein Nachrücker ihn eins nach vorn. "Und man kann doch mal schnell 23 Plätze nach vorn gewählt werden, oder?", sagt er und muss da doch grinsen.

Erst vor eineinhalb Jahren trat Bernd List der FDP bei. "Um ein Statement zu setzen", wie er sagt. Es war Bundestagswahlkampf; mit ihrem schnittigen Chef Christian Lindner ("Er ist schon genial") waren die Liberalen im Aufwind. Es gefiel ihm, wie die Partei damals das Netzwerkdurchsetzungsgesetz kritisierte; gegen Hasskommentare im Internet brauche es den Rechtsstaat, nicht private Zensurfirmen. Dazu kam ein Missbehagen. Seit ein paar Jahren beschäftige sich die Politik gefühlt nur noch mit den Rändern der Gesellschaft, sagt List: Superreiche und Flüchtlinge. Er wolle lieber die Mitte unterstützt sehen: "Es gibt Millionen anderer Menschen wie mich, die zur Arbeit gehen, Steuern zahlen, Kinder großziehen, normale Sorgen haben."

Der 53-Jährige will Freiheitsrechte stärken

Der Betriebswirt und Vater zweier erwachsener Töchter lebt in seiner Heimatstadt Schwabach. Nürnberg kennt er gut durch Studium und Arbeit: Er ist Personalentwickler beim Energieversorger N-Ergie, dort mit Weiterbildung und Coaching betraut. Obwohl sein Elternhaus eher sozialdemokratisch geprägt war, habe er nie mit anderen Parteien als den Freien Demokraten geliebäugelt, erzählt der 53-Jährige. Die Freiheitsrechte des Einzelnen zu stärken, "dass jeder die gleichen Chancen bekommt und gefördert wird" – in dieser Haltung fühle er sich zu Hause.

Ein "liberales Update" fordert die FDP im Landtagswahlkampf für Bayern. Aus Bernd Lists Sicht ist das vor allem bei den Themen Bildung und Digitalisierung nötig. "Die CSU braucht jemanden, der sie antreibt." Zum Beispiel im Schulwesen: Nur Tablets einzukaufen, reiche nicht. "Eine Ausstattung wie in skandinavischen Ländern muss Standard werden. Und wir müssen die Lehrerausbildung im Digitalen fördern."

List fordert ein verpflichtendes letztes Kindergartenjahr, Budgethoheit für Schulen und das Recht auf einen Ganztagsschulplatz. Bayern sei Schlusslicht bei der Chancengerechtigkeit für Kinder, und es investiere zu wenig in Forschung – Elite-Hochschulen und Internetkonzerne säßen aus gutem Grund im Ausland. "Wenn wir uns im Wettbewerb der klugen Köpfe nicht stärker reinhängen, haben wir noch mehr Abgehängte."

"Wir haben die Umweltpolitik erfunden"

Handlungsbedarf sieht List auch bei der Mobilität: "Versuchen Sie mal, von Schwabach nach Nürnberg durchgängig mit dem Fahrrad zu fahren!" Der Wohnungsbau brauche weniger Bürokratie. Auch Umweltschutz liegt dem Vegetarier am Herzen. Er sei überrascht, wie viele Bürger am Wahlstand der FDP die Öko-Kompetenz absprächen, erzählt List. "Dabei haben wir mit Genscher die Umweltpolitik erfunden, da war Joschka Fischer noch im Straßenkampf."

Eine Jamaika-Koalition wäre List nach dem 14. Oktober am liebsten. "Man kann einfach mehr bewirken als in der Opposition." Die Grünen und die FDP sähe er als gute Korrektive für die Schwarzen. Denn der bayerische Kurs in der Migrationsfrage entsetzt ihn. "Die CSU betreibt eine unanständige Sprache, das ist Zündeln am rechten Rand." Und solange die Zuwanderung nicht besser gemanagt werde – die FDP plädiert für ein Einwanderungsgesetz nach kanadischem Vorbild – lägen andere Themen brach.

Sein erster Wahlkampf begeistert den Neuling. Ob auf Facebook und Instagram oder in Gesprächen mit Freunden seiner Töchter – gerade junge Wähler zeigten sich interessiert. "Man kann etwas bewegen, das macht Spaß. Jetzt habe ich Blut geleckt."

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