Bewusstlosen ignoriert: Kein Verfahren gegen VAG-Mitarbeiter

17.1.2017, 06:00 Uhr
"Ich habe jetzt Dienstschluss", soll der VAG-Mitarbeiter auf die Bitte eines Fahrgasts gesagt haben, einem Bewusstlosen am Aufseßplatz Hilfe zu helfen.

© Roland Fengler "Ich habe jetzt Dienstschluss", soll der VAG-Mitarbeiter auf die Bitte eines Fahrgasts gesagt haben, einem Bewusstlosen am Aufseßplatz Hilfe zu helfen.

Der Vorfall ereignete sich Ende November im U-Bahnhof Aufseßplatz. Der VAG-Mitarbeiter befand sich nach Dienstschluss auf dem Heimweg und wartete in Dienstkleidung auf die U-Bahn. Eine junge Frau sprach ihn an, wies auf einen bewusstlosen 22-Jährigen hin, der auf dem Bahnsteig zusammengebrochen war, und bat um Hilfe.

Nach NZ-Informationen antwortete der VAGler, er habe bereits Dienstschluss und müsse deshalb erst sein Mobiltelefon wieder hervorkramen. Daraufhin soll sich die junge Frau umgedreht haben und weggegangen sein. Der VAG-Mitarbeiter stieg in den wartende U-Bahnzug und fuhr davon. Offenbar zeigte die junge Frau ihn später wegen unterlassener Hilfeleistung an.

"Ich habe auch schon den Krankenwagen gerufen"

Die Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft kamen zu einem anderen Ergebnis. Danach hatte die junge Frau dem VAG-Mann unter anderem gesagt: "Ich habe auch schon den Krankenwagen gerufen." Für die strafrechtliche Bewertung war dieser Satz wohl entscheidend. Denn nach einschlägiger Rechtsprechung entfällt die Hilfspflicht immer dann, wenn die Hilfe schon von Dritten geleistet wurde, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth, Anita Traud, am Montag auf Anfrage. Salopp formuliert: Was hätte der VAGler anderes tun können, als ebenfalls Notarzt und Rettungsdienst zu informieren - und dann gemeinsam mit der jungen Frau bei dem Bewusstlosen Händchen zu halten?

Verhalten war nicht strafbar

Da also "kein hinreichender Tatnachweis" vorlag, so Traud, stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren ein. An ethischen Kategorien gemessen sei allerdings das Verhalten des Mannes "tadelnswert" gewesen, heißt es in der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft.

Wie berichtet, hatte sich der VAG-Mitarbeitern nach einer Zeitungsnotiz zu dem Vorfall aus freien Stücken bei der Polizei gemeldet. Die Ermittler hätten sonst vermutlich große Mühe gehabt, ihn zu identifizieren: Die Videoüberwachung der VAG-Bahnsteige bietet nicht in allen Fällen die Gewähr, dass jeder Passant im Bahnsteigbereich im Bedarfsfall auf den Bildern erkennbar ist.

Die VAG nahm die Entscheidung der Staatsanwaltschaft sehr positiv auf. "Wir sind froh darüber, dass sich unser Mitarbeiter direkt nach Bekanntwerden des Vorfalls durch die Presse selbst bei der Polizei gemeldet hat, um den Vorfall zu klären", teilte eine Sprecherin mit. "Dies entspricht auch seinem generellen Verhalten – er ist ein extrem zuverlässiger Mitarbeiter."

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