Bluttat in Nürnberg: Mann ist vermutlich schuldunfähig

19.12.2017, 05:51 Uhr
Bluttat in Nürnberg: Mann ist vermutlich schuldunfähig

© News5/Bauer

Der 30. April war ein sonniger, warmer Frühlingstag. Anne G. (Name geändert) und eine Freundin saßen am späten Nachmittag auf ihrem Balkon in der Eberhardshofstraße, als sie plötzlich Schreie hörten. "Wir dachten erst, es kommt von einer Grillparty. Dann merkten wir aber, es sind Hilfeschreie", erinnert sich die 40-jährige Zeugin. Sofort setzten die Frauen mit ihrem Handy einen Notruf ab.

Beim Blick aus dem Fenster sahen sie einen Mann mit blutbeflecktem T-Shirt aus dem Haus gegenüber kommen. "Er ist dann ganz langsam zur U-Bahn-Station Gostenhof gelaufen." Stefan R. (Name geändert) stieg in die U-Bahn, fuhr zum Weißen Turm und ging dort schnurstracks zur Polizei. "Ich habe meine Eltern abgestochen", sagte er an der Pforte. Beim Prozessauftakt am Montag machte er keine Angaben. Dafür berichtete der Sachverständige Michael Wörthmüller, was er ihm bei der Polizei und später in einer Klinik berichtete: Stefan R. hörte schon seit längerer Zeit Stimmen und fühlte sich bedroht - offenbar auch von seinen Eltern. Er wisse, was er ihnen angetan hat, so der Chefarzt der Klinik für Forensische Psychiatrie in Erlangen.

Laut Staatsanwaltschaft lebte R. mit seinen Eltern in einer Wohnung zusammen. Am 30. April stach er zunächst unvermittelt mit einem Messer auf seinen 64 Jahre alten Vater ein. Als seine Mutter hinzukam, griff er laut Anklagebehörde auch die 61-Jährige an. Obwohl ein Großaufgebot von Rettungskräften schnell vor Ort war, erlag die Mutter kurz nach der Tat ihren schweren Stichverletzungen im Bauchraum. Der Vater verstarb zwei Wochen später an den Verletzungsfolgen.

Der Tatvorwurf lautet Totschlag. Allerdings hat die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth keine Anklage- sondern eine Antragsschrift verfasst. Die Behörde geht davon aus, dass er unter einer schweren psychischen Erkrankung leidet und die Bluttat im Wahn beging. Er ist deshalb vermutlich schuldunfähig. Weil der Mann als gefährlich gilt, soll er in einer Klinik untergebracht werden.

Der ältere Bruder des 32-Jährigen berichtete am Montag von einer langen Krankengeschichte: Bereits seit Jahren glaube er, seine echten Eltern seien gekidnappt und durch andere Eltern ausgetauscht worden. Ein Aufenthalt im Bezirksklinikum Ansbach vor einigen Jahren habe eine vorübergehende Besserung gebracht. Zuletzt habe sein Bruder aber seine Medikamente abgesetzt und sei wieder in einem schlechten Zustand gewesen. Seine Eltern hätten versucht, ihren Sohn in eine Klinik einweisen zu lassen, das habe aber nicht geklappt.

Für den Prozess sind drei weitere Verhandlungstage angesetzt, ein Urteil wird am 8. Januar 2018 erwartet.