Braucht Nürnberg einen Nachtbürgermeister?

11.10.2015, 11:55 Uhr
Die Stadträte Thorsten Brehm (SPD) und Katja Strohhacker (SPD) unterwegs mit Mirik Milan (Mitte), Amsterdams Nachtbürgermeister.

© Ralf Rödel Die Stadträte Thorsten Brehm (SPD) und Katja Strohhacker (SPD) unterwegs mit Mirik Milan (Mitte), Amsterdams Nachtbürgermeister.

"Die Stadt nach acht ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor", sagt Thorsten Brehm, Vorsitzender der Nürnberger SPD. Allerdings sei die Innenstadt eben auch nicht nur ein Ort, an dem nachts gefeiert wird. "Es ist auch ein Ort für Einkaufen, Tourismus und Wohnen", sagt er, "wir stehen vor der Herausforderung, die verschiedenen Funktionen miteinander in Einklang zu bringen." Damit es gelingt, das Ruhebedürfnis der Anwohner und die Bedürfnisse der Nachtschwärmer gleichermaßen zu berücksichtigen, hat die SPD am Freitag Mirik Milan, den Amsterdamer Nachtbürgermeister, eingeladen. 

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Nachtbürgermeister – das heißt nicht, dass der normale Bürgermeister nachts eine Pause von seinem Amt machen darf. In Amsterdam ist das Amt vor zwölf Jahren vielmehr dafür erfunden worden, um eine Vermittlerstelle zwischen Nachtclubbetreibern, Verantwortlichen der Stadt und Anwohnern zu schaffen. Die Stadt hat dort erkannt, dass sich das Nachtleben seit den siebziger Jahren zu einer regelrechten Industrie gemausert hat. Die Betreiber sind Profis – und wollen gut mit den Anwohnern auskommen. Der Nachtbürgermeister – zunächst ein Ehrenamt, mittlerweile von Stadt und Nachtclubbetreibern finanziell unterstützt – soll dabei helfen, alles in Einklang zu bringen. "Man muss sich im Nachtleben auskennen, um gute Gesetze zu machen", sagt Milan. Milan kennt sich aus, schließlich kommt er selbst aus der Szene.

In Amsterdam – so erzählt er – sei die Stadt sehr streng im Umgang mit Clubs. "Wenn drei schlimme Beschwerden vorliegen, so droht dem Club bereits die Schließung", sagt er. Allerdings lockt die Stadt auch mit einem Bonus. Wer sich an bestimmte Regeln hält (etwa spezielle Schulungen für Türsteher, die Probleme in den Clubs statt vor der Tür lösen oder Personal auf der Straße, das Nachtschwärmer zur Ruhe anhält), darf dafür länger geöffnet bleiben.

Zwischen Ärger und Verständnis

Lärm – das ist es, was Willy Schülein vom Bürgerverein Altstadt am Nachtleben am meisten stört. Seit in den Clubs nicht mehr geraucht werden darf und die Läden bis fünf Uhr geöffnet haben dürfen, sei das Problem schlimmer geworden, sagt er. "Ich habe natürlich Verständnis dafür, dass sich die jungen Leute amüsieren wollen", so Schühlein, "aber die könnten doch auch früher fortgehen." Sein Wunsch: Eine Rückführung der Sperrzeitregelung und ein Ende der Feierei um 3 Uhr. Die Tour durch Nürnberger Clubs macht er trotzdem mit. Während das Unrat gegen halb zwölf leer ist, das 360 Grad um die Ecke ebenso mit einer menschenleeren Tanzfläche punktet, stellt er kurz darauf im sich langsam füllenden Mach 1 fest: "Das ist eine besondere Art der Unterhaltung". Man muss brüllen, um sein Gegenüber zu verstehen. Es ist nicht Schüleins Welt – aber jetzt weiß er, dass das Nachtleben eigentlich nichts Schlimmes ist.

Wie aber kann es gelingen, dass Schülein und andere Anwohner nachts ruhiger schlafen können? "In Amsterdam gibt es Raucherlounges in den Clubs", sagt Milan. Die Nachtschwärmer stehen so nicht zum Qualmen auf der Straße. Überhaupt sei es in Amsterdam nicht möglich, aus einem Club raus und dann wieder rein zu gehen. "Wer draußen ist, muss wieder Eintritt bezahlen", sagt er. Allein diese zwei Maßnahmen mindern das Lärmaufkommen erheblich. Hilfreich findet er auch die "Kiez-Toolbox" - ein Projekt der Clubcommission Berlin. Auf der Internetseite gibt es einen Leitfaden für Partyveranstalter, wie man die gängigen Probleme lösen kann.

Was die Stadtrats-SPD von der Clubtour mit dem Nachtbürgermeister mitnimmt? "Wir werden die Vorschläge weiter verfolgen", sagt Katja Strohhacker. Wer in Nürnberg Nachtbürgermeister werden könnte? "Ich würd's schon machen", witzelt Brehm, will dies aber nicht als Ruf nach einem Nachtbürgermeister verstanden wissen. Eine Vermittlerstelle zwischen allen Verantwortlichen fände er aber auch in Nürnberg gut. Derzeit müsse man schließlich noch alle einzeln ansprechen. Den Dialog mit Nachtclubbetreibern, betont Strohhacker, suche man aber schon seit längerem immer wieder. Schließlich, so Strohhacker, praktiziere man auch in Nürnberg seit langem eine Politik der runden Tische.

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