Bündnis übt Kritik: Nürnberg braucht mehr Radwege

28.7.2016, 07:28 Uhr
Die Ziele der städtischen Kampagne von "Nürnberg steigt auf" seien bisher deutlich verfehlt worden, meint das "Bündnis Radfairkehr".

© Isabelle Matejka Die Ziele der städtischen Kampagne von "Nürnberg steigt auf" seien bisher deutlich verfehlt worden, meint das "Bündnis Radfairkehr".

"Den Radverkehrsetat von einer oder auch 1,4 Millionen Euro halten wir für völlig unzureichend, um die Radinfrastruktur substanziell auszubauen und damit den Radverkehrsanteil zu steigern", erklären die Sprecher Peter Mühlenbrock und Harald Oelschlegel. Die Ziele der städtischen Kampagne von "Nürnberg steigt auf" seien bisher deutlich verfehlt worden.

Im letzten Fahrradklimatest habe Nürnberg mit 4,01 eine miserable Gesamtnote. "Der Radverkehrsetat sollte nach unserer Auffassung endlich auf ein angemessenes Niveau angehoben werden." Angemessen bedeutet für das Bündnis: mindestens 6,76 Millionen Euro. Sie beziehen sich dabei auf den Nationalen Radverkehrsplan 2020. Der empfiehlt für "Aufsteiger" (zu denen sich Nürnberg zählt) 13 bis 18 Euro pro Einwohner und Jahr. Dies ergibt nach Berechnung der Stadtverwaltung bei knapp 520 000 Einwohnern eine Bandbreite zwischen 6,76 und 9,35 Millionen Euro.

"Wir fordern deshalb, den Radverkehrsetat mindestens auf die Untergrenze der Empfehlung anzuheben", so die Sprecher. Es gebe bei den schon beschlossenen Projekten seit Jahren einen "Umsetzungsstau". Die Umgestaltung von Rad-/Fußwegen vor dem Ludwigstor sei zum Beispiel erst rund vier Jahre nach dem Beschluss erfolgt. Die von der Verwaltung beim "runden Tisch Radverkehr" vorgelegten Projekte litten unter der Restriktion des heutigen Etats.

Personalkapazitäten müssen aufgestockt werden

"Im Rahmen dieser ,Mangelverwaltung‘ werden die geringen Mittel zwar bestmöglich eingesetzt – eine echte Verbesserung der Radinfrastruktur ergibt sich aber nicht." So müsse die bestehende Radinfrastruktur laufend saniert und nachgebessert werden (der Radweg an der Münchner Straße sei seit Jahren ein Sanierungsfall). Hinzu komme die erforderliche Verbreiterung von etlichen Radwegen durch steigende Nutzung ("an einigen Stellen sind die Radwege bereits heute überlastet"). Die Realisierung der geplanten Radschnellwege in die Innenstadt müsse möglichst rasch und nicht erst in fünf oder gar zehn Jahren erfolgen, so eine Forderung. Dazu zählt auch der Bau von Vorrangrouten und Fahrradstraßen.

Die Personalkapazitäten im Verkehrsplanungsamt und bei Sör müssen aufgestockt werden, um die anstehenden und noch zu beschließenden Projekte rasch realisieren zu können. Sie drängen auch auf die Beseitigung von bestehenden Gefahrstellen (roter Teer, verbesserte Markierungen, Geschwindigkeitsbeschränkungen, breitere Verkehrsinseln).

Eine zentrale Forderung ist die "faire Verteilung von Ressourcen, Kapazitäten und Raum" in Nürnberg. Der öffentliche Raum werde vom stehenden und fahrenden Autoverkehr dominiert, "und zwar deutlich überproportional". Nach wie vor flössen riesige Beträge in den motorisierten Individualverkehr (Beispiele: Ausbau Frankenschnellweg, Sanierung der Hafenbrücken und weitere marode Brücken und Straßen).

Kritik vom ADFC

"Wenn die Stadt Nürnberg also tatsächlich ,aufsteigen‘ und einen Radverkehrsanteil von 20 Prozent erreichen möchte, muss der Etat ab 2017 auf mindestens 6,76 Millionen Euro erhöht werden", so Oelschlegel und Mühlenbrock. Statt diese Forderung als unrealistisch abzutun, sollte der Stadtrat „endlich den Mut haben, anstelle von kosmetischen Maßnahmen die überfälligen Entscheidungen für eine fahrradfreundlichere Verkehrspolitik zu treffen“.

Kritik kommt auch vom ADFC. "Gegen Ende 2016 verbleibt laut Planung ein Betrag von 316 391 Euro", so der Vorsitzende Jens Ott. Das seien fast 30 Prozent des Radwegebauetats, die ungenutzt blieben. Nachdem der Etat angesichts der eigentlich notwendigen Investitionen sowieso eine sehr bescheidene Größe einnehme, „ist es für uns nicht nachvollziehbar, warum die zur Verfügung gestellten Mittel nicht vollständig genutzt werden“, moniert Ott. "Auch wenn bisher die nicht verbrauchten Mittel noch in den Folgejahren zur Verfügung standen, stellt sich doch die Frage, warum die Bürger Nürnbergs länger auf dringend notwendige Investitionen in die Infrastruktur warten sollen als notwendig."

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