Cinecittà lenkt ein: Mindestlohn, ganz ohne Tricksereien

9.1.2015, 19:48 Uhr
Bis zu 500 Angestellte arbeiten im Cinecittà, der Großteil von ihnen Minijobbern. Für sie soll nun doch der Mindestlohn gelten.

© Mark Johnston Bis zu 500 Angestellte arbeiten im Cinecittà, der Großteil von ihnen Minijobbern. Für sie soll nun doch der Mindestlohn gelten.

Die Familie Weber, Inhaber des Kino-Komplexes an der Pegnitz, plante, den Mindestlohn nicht in vollem Umfang auszuzahlen. Der aber ist seit 1. Januar gesetzlich vorgeschrieben - auch für sogenannte Mini-Jobber, die es im Cinecittà in großer Menge gibt. Die rund 300 geringfügig Beschäftigten und Mini-Jobber hätten auf 1,44 Euro pro Arbeitsstunde verzichten sollen. Mit dem gutgeschriebenen Betrag hätten die Angestellten im eigenen Haus essen und ins Kino gehen sollen.

Doch der Protest dagegen ist enorm. Die Gewerkschaft ver.di drohte mit Aktionen gegen diesen „skandalösen“ Vorstoß. Im Internet und in den sozialen Netzwerken formierte sich erheblicher Widerstand. Viele Nutzer riefen zum Boykott gegen das Kino-Unternehmen auf. „Das hat Herr Weber jetzt davon: Viele Nürnberger werden das Kino nun boykottieren. Da wäre eine korrekte Bezahlung der Mitarbeiter unterm Strich wahrscheinlich wirtschaftlicher“, so ein Leser. Ein anderer: „Von meiner Verwandtschaft und Bekanntschaft wird da keiner mehr hingehen, außer es ändert sich was!“ Beim "Schwarzen Brett Nürnberg", einer Facebook-Gruppe mit 75.000 Mitgliedern, hat sich eine Vielzahl bereiterklärt, das Multiplexkino nicht mehr zu besuchen.

Proteststurm in den sozialen Netzwerken

Ein weiterer Leser ätzt: „Hoffentlich macht das schlechte Beispiel nicht Schule und Supermärkte bezahlen ihre Kassiererinnen in Zukunft mit schwarzen Bananen und abgelaufenen Joghurts! Die Bahn könnte mit freien Plätzen in Nachtzügen zwischen Cottbus und Nirgendwo trumpfen, Karstadt zahlt dann in Pullovern 5XL und Buchläden mit Remittenten von ,Deutschland schafft sich ab‘. Wehret den Anfängen!“

Der Sturm der Entrüstung zeigt Wirkung. Die Geschäftsleitung des Kinos nimmt in einer Stellungnahme ihren geplanten Vorstoß zurück: „Ab 1. Januar 2015 werden wir, auch im Hinblick auf die Interessen unserer Mitarbeiter, den Mindestlohn ohne Anrechnung eines Sachbezugs einführen.“ Und weiter: „Für viele unserer Aushilfen war es bisher ein willkommener Bonus, in Ergänzung zum Lohn eine freiwillige Leistung in Form eines Sachbezugs zu erhalten, der bei uns als Freiverzehr beziehungsweise für Kinoeintritte verwendet werden konnte. Diesen wollten wir zunächst auch bei der Einführung des Mindestlohns erhalten.“

Das Unternehmen macht auch darauf aufmerksam, dass bei den Festangestellten keine Anpassung im Rahmen des Mindestlohngesetzes erforderlich sei, „da sich hier das Lohnniveau über dem Niveau des Mindestlohns bewegt“.

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