Comic-Stil: SPD polarisiert mit Wahlplakaten

17.6.2018, 05:57 Uhr
Comic-Stil: SPD polarisiert mit Wahlplakaten

© Foto: Edgar Pfrogner

Comic-Stil: SPD polarisiert mit Wahlplakaten

Es sollte mal etwas anderes sein: mutig, aus dem Rahmen fallend, eben nicht die üblichen Politiker-Fotos. Stattdessen blicken jetzt vier Köpfe im Comic-Stil, gezeichnet in Schwarz-Weiß-Nuancen, von Plakaten mit blauem Hintergrund.

Ob das gelungen ist? Die SPD-Plakate mit den Konterfeis der SPD-Direktkandidatinnen und -Direktkandidaten für die Landtagswahl rufen unterschiedliche Reaktionen hervor, Zuspruch genauso wie Spott. "Hatte kurz Sorge, die SPD bewirbt sich mit den Plakaten für den Comic-Salon 2019 in Erlangen...", witzelt Kabarettist Bernd Regenauer auf der Facebook-Seite des Landtagsabgeordneten Arif Tasdelen.

Comic-Stil: SPD polarisiert mit Wahlplakaten

Manche gehen mit der vergangene Woche vorgestellten Kampagne hart ins Gericht. "Welche Agentur hat sich das ausgedacht? Ich sehe mir lieber das Original-Gesicht des Politikers an, den ich wählen soll", schreibt einer. Dass das Blau auf den SPD-Plakaten ausgerechnet an die Farbe der AfD erinnert, stößt manchen ebenfalls sauer auf. Und etliche Kommentare gehen in die Richtung, na ja, in natura sähen die Kandidaten besser aus. Auch innerhalb der SPD ist die Kampagne umstritten. "Keine politischen Botschaften, nix. Ihr hättet auch schreiben können: ,Schöne Ferien‘. Wer berät euch in der Kommunikation? Ist die Verzweiflung schon so gewaltig, dass ihr solche ,Konzepte‘ bezahlt?", ätzt Horst Honeiser, Vorsitzender der SPD-Arbeitsgruppe 60 pus in Mittelfranken. Und der ehemalige SPD-Stadtrat Thorsten Lunz findet zwar "die Idee ganz okay, die Bilder sind aber alle furchtbar".

Mehrere Konzepte standen zur Wahl 

Die Plakate hat die Nürnberger Werbeagentur Graubalance in Zusammenarbeit mit Grafikdesignerin Elisaweta Smuschkevic entworfen. Es habe mehrere Konzepte gegeben, "dieses war eines der mutigsten", sagt Smuschkevic. Sie wollte die vier Kandidatinnen und Kandidaten ernsthaft, freundlich und idealisiert zeigen; mit Bildern, die an Ikonen erinnerten, fährt die 33-Jährige fort. Gleichzeitig sollte das Quartett im selben Stil dargestellt werden. Die Botschaft: Die vier sind ein Team, auch wenn auf jedem Plakat nur einer beziehungsweise eine drauf ist.

Claudia Arabackyj, Stadträtin und SPD-Landtagskandidatin im Stimmkreis Nürnberg-Süd, findet, dass das Konzept voll aufgeht. "Es funktioniert, es wird darüber geredet", freut sich die Werbekauffrau. Sie arbeitet in der Agentur, die für die Kampagne verantwortlich ist und die schon öfter für die SPD am Start war, aber auch für NürnbergBad oder den Städtischen Bestattungsdienst.

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Arabackyj betont, dass sie mit der Gestaltung der aktuellen Plakate nichts zu tun habe. Doch ihre sechsjährige Nichte sei der beste Beweis dafür, dass die Botschaft, die vier seien ein Team, ankomme, fährt sie fort. "Da ist die Claudia", habe die Nichte gerufen, als sie an einem Plakat vorbeikam. Auf dem war zwar der Abgeordnete Arif Tasdelen zu sehen. Aber, was soll’s, findet Arabackyj.

"Das bist nicht du"

Mit der Erkennbarkeit der einzelnen Kandidaten ist das tatsächlich so eine Sache. Ein Paketbote hat Arabackyj darauf hingewiesen, dass irgendjemand mit ihrem Namen auf Plakaten werbe. Dass sie die Frau auf dem Poster ist, war ihm nicht in den Sinn gekommen. "Das Bild gefällt mir nicht. Das bist nicht du", müssen sich auch Tasdelen, Kerstin Gardill und Stefan Schuster anhören.

"Du bist doch in der Realität viel sympathischer", finden manche, die den Abgeordneten Stefan Schuster kennen. Ähnlich ergeht es Tasdelen. Er sei in der Realität so freundlich, auf den Plakaten sehe er böse aus, urteilte eine 71-Jährige, die gleich bei Tasdelen anrief und zur Beruhigung

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des Gemüts von ihm zu Kaffee und Kuchen eingeladen wurde. Gegenwind bekam der Abgeordnete auch zu Hause. Das gehe ja gar nicht, befand seine Frau, nachdem sie die Plakate gesehen hatte. Doch mittlerweile honoriere seine Frau auch, dass die Plakate Aufmerksamkeit erzeugen.

"Es gibt sehr viel Resonanz", fährt Tasdelen fort. 20 Prozent negativ, 80 Prozent positiv, schätzt er. Vor allem die Jüngeren halten die Plakate für eine "super Idee".

"Wir haben eine Wahnsinnsresonanz. So eine Wahrnehmung hatten wir noch nie", freut sich auch Kerstin Gardill, die sich erstmals im Stimmkreis Nürnberg Ost um einen Sitz im Landtag bewirbt. Das sei ein sehr großer Erfolg. Und Stefan Schuster setzt noch eines drauf. "Sogar in Fürth wird darüber geredet", sagt der Abgeordnete und lacht. Der Fürther OB Thomas Jung, ein Genosse, habe wissen lassen, dass er die Plakate klasse finde.

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