Debatte im Klinikum Hallerwiese: Geburt ohne Datenschutz?

17.8.2017, 07:00 Uhr
Debatte im Klinikum Hallerwiese: Geburt ohne Datenschutz?

© Michael Matejka

Der Monitor am Kopfende jedes Krankenbetts ist der Stein des Anstoßes. Er zeigt Patientinnen-Daten aus allen zwölf Kreißsälen an. Dazu gehören die Wehenfrequenz sowie die Herztöne von Mutter und Kind, dazu der volle Name der Mutter. Eine Mutter, die in der Hallerwiese gerade ihr Baby bekommen hat, nahm das "erschüttert" zur Kenntnis. Sie erkannte auf dem Bildschirm eine Bekannte sowie die Frau ihres Chefs.

"Alle haben auch meine Messkurven gesehen", sagt sie und findet das überhaupt nicht in Ordnung. Die kritische Patientin habe ein wichtiges Thema angesprochen, sagt Thomas Schaller, Sprecher der Diakonie Neuendettelsau, die das Krankenhaus betreibt. Das sogenannte CTG-Monitoring neben jedem Bett stelle sicher, dass Ärzte und Hebammen sofort auf jede Notsituation reagieren könnten. Doch beim Datenschutz sehe man "Handlungsbedarf".

Die Klinik experimentiert derzeit mit einer Spezialfolie, durch die nur noch das Personal die fraglichen Daten sehen kann. Der Praktiker freilich senkt den Daumen. Der erste Test mit blickdichter Folie habe nicht funktioniert, sagt Chefarzt Prof. Franz Kainer, während auf dem Bildschirm unter einem Frauennamen gerade das Wort "Tachykardie", Herzrhythmusstörung, aufleuchtet.Man müsse andere Folien testen, sagt der Mediziner, für den die Sicherheit absoluten Vorrang hat.

Der Alptraum einer Verwechslung

"Wir sind hier eine Intensivstation", so Prof. Kainer, die Ärzte müssten überall alles im Blick haben - und die Namen der Patientinnen auf dem Bildschirm unverzichtbar. Es sei ein Alptraum für jeden Arzt, Patientinnen zu verwechseln. Man könne da kein Risiko eingehen, so der Chefarzt; Laien wüssten mit den CTG-Kurven ohnehin nichts anzufangen.

Vor 20, 30 Jahren hätten die Namen der Schwangeren noch auf großen Tafeln gestanden, daneben lagen die Krankenakten, erinnert sich der Chefarzt. Heute sei bei der Digitalisierung im Klinikbereich Vorsicht geboten, der Datenschutz habe vieles kompliziert. Prof. Franz Kainer: „Sogar Namen auf den Krankenbetten sind heute umstritten. Wir verzichten trotzdem nicht darauf."

Außerdem liefen sich die werdenden Eltern auf dem Klinikflur ohnehin über den Weg. Was die frischgebackene Mutter an der Hallerwiese kritisiert, könnte bald auch im kommunalen Klinikum ein Thema werden. Dort arbeitet die Entbindungsstation noch ohne das in der Anschaffung teure Monitoring - mit Betonung auf noch. "Es ist ein neuer Standard, alle größeren Krankenhäuser stellen darauf um. Auch das Klinikum wird bei der nächsten Modernisierung darauf setzen", sagt Sprecherin Doris Strahler.

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