"Der Bedarf nach Seelsorge ist groß"

11.2.2016, 21:27 Uhr

© Stefan Hippel

„Wir sind für alle offen“, sagt Kießling. Nachdem der Fünfeckturm auf der Burg aus Gründen des Brandschutzes geschlossen werden musste, ist das CVJM-Haus am Kornmarkt 6 derzeit das einzige Jugendhaus in der Altstadt, das lange und durchgängige Öffnungszeiten hat. Man kann in der Treppenhaus-Lounge vorbeischauen, ohne etwas zu verzehren. Aber man kann auch etwas zu einem günstigen Preis trinken. Obdachlose sind ebenfalls willkommen. Es sei wichtig, dass es zwanglos zugehe und nichts gekauft werden müsse. „Die Jugendlichen gehen nicht in ein Café. Sie wollen aber Möglichkeiten haben, sich einfach zu treffen“

Kießling, der aus Kassel stammt, verweist darauf, dass der christliche Glaube beim CVJM im Vordergrund stehe, aber nicht missioniert werde. „Wir sind für alle offen. Es sind auch Muslime herzlich eingeladen. Wir haben kein starres Konzept. Wir wollen den Menschen dienen. Jugendlichen haben eine feines Gespür dafür, wenn Erwachsene einen Hintergedanken haben.“ Es gehe um Singen, Beten, Erzählen und darum, Gemeinschaft zu erleben. Manchmal komme es auch zu einem interreligiösen Dialog. „Ein Ziel unserer Jugendarbeit ist, ein offenes Herz für Menschen zu haben, denen es nicht so gut geht“, sagt Kießling. Sie sollten Selbstbewusstsein und Verantwortung entwickeln. Nach seiner Erfahrung gebe es einen großen seelsorgerischen Bedarf.

Neben den spezifisch christlichen Angeboten wie Jugendandacht oder Bibellesen hat der CVJM auch ein umfangreiches sportliches und kulturelles Freizeitangebot. Eine lange Tradition haben gemeinsame Unternehmungen wie Camps. „Wir bieten Workshops für Musik und Kreatives an, in denen Jugendliche sich ausprobieren können“, sagt Kießling. Dabei stehe das soziale Lernen im Mittelpunkt. Wer nicht mitmachen wolle, der könne zwanglos vorbeischauen und einfach nur Kicker spielen. Ein weiterer Schwerpunkt sei die Arbeit mit jungen, unbegleiteten Migranten. Rund zehn junge Flüchtlinge sind auch im CVJM-Haus untergebracht.

© Foto: Roland Fengler

Der Jugendleiter betont aber, dass es keine rechtsfreien Räume gebe auch wenn ein ständiges Kommen und Gehen herrsche. Rund 500 Mitglieder hat der CVJM in der Region. 150 arbeiten regelmäßig ehrenamtlich mit und würden selber betreut werden. Zwischen 15 bis 20 von ihnen haben eine richtige Jugendleiterausbildung. Die Jugendlichen, die kommen, sollen auch Ansprechpartner für ihre Schwierigkeiten mit Lehrern und Eltern finden. Politische Themen seien kaum darunter. Es dauere aber einige Zeit, bis sie sich Vertrauen herausbildet.

Kießling und seine Kollegen unterstützen vor allem die Beziehungsarbeit unter den Jugendlichen. „Sie sollen sich in Gruppen vorstellen, ihre Geschichte, aber auch ihre Sorgen erzählen und auch einmal zuhören. Was daraus entsteht, liegt nicht in unserer Hand.“ In die Lounge des CVJM kommen viele Gymnasiasten. „Die Jugendlichen suchen in der Innenstadt noch nach einen Treffpunkt, den sie selber gestalten können. Wo sie Vorbilder und Bezugspersonen finden können. Doch diesen Treffpunkt gibt es nicht“, sagt Kießling. Es kämen auch viele Jugendliche vom Land in die Innenstadt, weil sie mit Sportvereinen oder der Betreuung durch die Amtskirchen in ihren Heimatorten wenig anfangen können. Der Jugendleiter wünscht sich auch mehr Räume, damit Musikbands spielen können. Die Lounge sei jedenfalls in diesem Jahr schon ausgebucht. Kießling hofft darauf, dass der CVJM einen Spender findet, damit die defekten Geräte im Musikraum endlich einmal ausgetauscht werden können.

 

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