Der Bergsteiger will neue Gipfel erklimmen

20.1.2016, 19:46 Uhr

„Beurteilt wird man ja, wenn man reinkommt und wieder rausgeht, für mich ist eigentlich nur wichtig, wie ich beurteilt werde, wenn ich jetzt gehe.“ Wolfgang Eckart hat sich nie als Bewahrer eingefahrener Strukturen betrachtet, sondern vielmehr als Manager. Und da schiebt er sogleich mit verschmitzten Lächeln ein Bonmot nach und fragt: „Was ist der Unterschied zwischen Verwaltung und Management?“ Die richtige Antwort laute: „Das Management hat Ziele!“ Er habe immer gestalten statt verwalten wollen. „Ich bin nicht derjenige, der sein Hauptaugenmerk darauf legt, jeden Tag zu schauen, dass es so bleibt wie es ist.“

Beim Wort „Controlling“ habe sich die Begeisterung anfänglich doch in sehr engen Grenzen gehalten. Zwischenzeitlich hätten sich die Erfolge aber gezeigt. Eckart: „Wir haben als eine der wenigen Einrichtungen in Deutschland hier im Bildungszentrum auch Qualitätsmanagement eingeführt, und vor einem Jahr bei einem externen Test vier Sterne bekommen.“

Die Ziele seien allzu oft nur mühsam zu erreichen gewesen. Eckart: „Wie steuert man ein Haus, das auf der einen Seite natürlich zu mindestens gefordert ist, die Leistung zu bringen, die man bisher erbracht hat, aber eigentlich mit immer weniger Mitteln immer mehr erreichen soll?“ Das gehe nur, wenn man mal schlicht und ergreifend wie ein Manager handele. Sein Motto lautete nach eigenem Bekunden: Schau drauf, dass du letztendlich das tust, was nach allen Beratungen und Diskussionen auch als notwendig erkannt wird.

Eckart geht davon aus, dass die heutigen Bildungsthemen die Menschen auch noch in den kommenden Jahren beschäftigen. Allerdings werde das Thema Zuwanderung in dem Einwanderungsland Deutschland noch eine wesentlichere Rolle spielen als bisher, „davon bin ich zutiefst überzeugt“. Entscheidend weiter verändern werden sich nach seiner Einschätzung auch die Lebensmuster. Der sogenannte Nine-to-Five-Job werde immer mehr schrumpfen, „und es wird immer mehr Menschen geben, die einen anderen Lebensrhythmus haben und wegkommen von den normierten Tagesabläufen“.

Eckart verweist dabei auch auf das Bildungszentrum: „Wir vermitteln schon seit langer Zeit nicht nur in den Abendstunden Bildung, sondern in der Früh um 8 Uhr beginnen die ersten Kurse, zum Teil bis 23 Uhr.“ Auch am Wochenende gebe es Angebote. Die Arbeitswelt verändert sich nach seinen Worten mit ungeheurer Dynamik, Berufe kämen und gingen. Die rasanten Modernisierungsprozesse würden auch Europa insgesamt verändern.

Und mit Blick auf die Flüchtlingsdebatte sagt Wolfgang Eckart: „Die derzeitigen Auseinandersetzungen, ob wir und wenn wo Grenzen und Mauern setzen – da kann ich mir nicht vorstellen, dass wir die in zehn oder zwanzig Jahren noch führen, denn da werden die Menschen längst begriffen haben, dass wir nicht Probleme lösen können, indem wir Grenzzäune bauen.“

Die Bildungslandschaft verändere sich bereits jetzt durch die vielen Menschen aus zahlreichen Ländern, die zu uns kommen, „durchaus dramatisch“. „Wir müssen uns nämlich darauf einstellen, dass sich auch die herkömmliche Sortierung zwischen Grundschule, Realschule, Gymnasien und beruflicher Weiterbildung immer mehr auflösen wird.“

Eckart sagt voraus, dass die starren Bildungsmodelle durchlässiger würden, „um eben Menschen unterschiedlicher Herkunft individuelle Lebensmöglichkeiten zu ermöglichen“. Das werde die Institutionen selber dramatisch verändern. „Wenn sie so wollen, ist ja der Bildungscampus schon ein Schritt in diese Richtung, um eben zu sagen, wir erwarten nicht, dass sich die Kunden an die Institution anpassen, sondern wir müssen uns an die Kundinnen und Kunden anpassen“, so Eckart. Das sei doch schon ein echter Paradigmenwechsel.

Eckart hatte nicht erwartet, am Anfang seiner Leitung für das Bildungszentrum und seit fünf Jahren auch für die Bibliothek und das Planetarium so sehr mit Managementfragen beschäftigt „sein zu müssen“. Man gehe an so eine Aufgabe gerne programmatisch ran und sage, „da werde ich mich jetzt mal einbringen und so einer Einrichtung auch ein inhaltliches Profil geben“. Eckart: „Ich hoffe, dass ich das zu einem gewissen Maß auch gemacht habe.“

Schmunzelnd erinnert sich Eckart noch an eine Einladung zum „Verwaltungsgrillen“, die ihn zu Beginn seiner Tätigkeit ereilte. Allein der Begriff habe ihn damals in Verlegenheit gestürzt: „Wer oder was sollte hier gegrillt werden? Ich als neuer Leiter von der Verwaltung? Oder geht es um die Verwaltung eines Grills? Oder gibt es die Vorschriften bei der Stadt, dass nur Verwaltungsleute grillen dürfen – andere nicht?“ Als Vegetarier habe sich ihm die Situation zusätzlich kompliziert dargestellt. Letztlich sei es dann aber kein Problem gewesen. „Seither liegen immer auch sehr leckere Gemüsespieße und andere fleischlose Köstlichkeiten auf dem ,Verwaltungsgrill‘.“

Das Arbeiten in der Bildungs- und Kulturlandschaft Nürnbergs insgesamt habe ihm sehr viel Freude gemacht. Vermissen werde er auch die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen, „die auf jeden Fall so war, dass ich stets Lust hatte zu arbeiten, mit vielen Impulsen und interessanten Begegnungen“.

Weniger erfreulich sei eine deutlich verstärkte Rezentralisierung in den vergangenen Jahren, „die weiß Gott nicht zum Wohle dieser Einrichtung ist“. Eckart spricht von einem wirklich problematischen Trend. „Wir waren mal eine plafonierte Einrichtung, mit der Möglichkeit, relativ vieles auch selber entscheiden zu können.“ Das hat sich Eckart zufolge immerhin so ausgewirkt, dass eine zu einem bestimmten Zeitpunkt hoch verschuldete Einrichtung heute wirtschaftlich solide dastehe. Das sei keine Selbstverständlichkeit, wenn man die Geschichte dieser Einrichtung kenne. Die Tatsache, dass der gesamte Bildungscampus 2016 ohne Schuldenrucksack unterwegs sein könne, sei auch das Ergebnis der Tatsache, „dass man mir die Möglichkeit gegeben hatte, tatsächlich auch unternehmerisch zu handeln“. Da werde in der Stadt derzeit aber deutlich gegengesteuert.

„Jede Veränderung, die wir hier machen, müssen wir uns jetzt von mehreren Stellen genehmigen lassen.“ Eckart weiter: „Man traut auch einem langjährigen Dienststellenleiter – und ich mache den Job immerhin seit dreizehneinhalb Jahren – offenkundig nicht über den Weg, so dass selbst kleine organisatorische Änderungen immer noch mal genehmigt werden müssen, gegebenenfalls sogar vom Personal- und Organisationsausschuss.“ Das ist Eckart zufolge eine Art von Verwaltungsverständnis, „die, so glaube ich, nicht mehr ins 21. Jahrhundert passt“.

Die Praxis sei, dass die Ziele nicht von der Politik vorgegeben würden. Sie werden laut Eckart zwar mit der Politik vereinbart, „kommen aber im Wesentlichen nach wie vor von uns“. Und die Ausstattung, – „um mal ganz konkret zu werden“ – die Ausstattung mit einem gewissen sogenannten auskömmlichen Budget, das man mühsam mit der Kämmerei ausgehandelt habe, werde dann sofort ad absurdum geführt, „wenn, so wie jetzt aktuell geschehen, neue Kürzungsrunden kommen, in denen genau dieses auskömmliche Budget schon wieder um ein paar Hunderttausend Euro gekürzt wird“. Das sei eine deutliche Kritik an dem Kurs, der hier gefahren werde. „Ich möchte mal hören, was da los ist, wenn wir sagen, wir können jetzt zum Beispiel die Flüchtlingsarbeit nicht leisten, weil unser Budget um ein paar Hunderttausend Euro gekürzt worden ist“, so Eckart. Sein Fazit: „Da ist eine dynamische Entwicklung, und es steht ein Umfeld drumherum, das eben bewahrend auf die Einhaltung von starren Regeln bedacht ist.“

Der Segler und begeisterte Bergsteiger will seine Hobbys im bevorstehenden Unruhestand deutlich ausbauen. Neues kommt dazu. „Meine Frau und ich haben beschlossen, dass wir auf Reisen gehen.“ Das hört sich alltäglich an, ist es aber nicht. Im April werden die beiden Nürnberg verlassen – für zwei oder drei Jahre. „Wir wollen die Welt ,erfahren‘, im wahrsten Sinne des Wortes, und werden in bestimmten Gegenden dann längere Zeit verbleiben“, kündigt Wolfgang Eckart an.

Starten werden sie in das südliche Afrika und dort Kontakt zu verschiedenen Projekten aufnehmen. Eckart ist seit kurzem in einem Senior Experten Service (SES) Mitglied, eine Stiftung der Deutschen Wirtschaft für internationale Zusammenarbeit und eine gemeinnützige Gesellschaft. „So kann ich mich im Bereich des Bildungsmanagements nützlich machen und lernen, die Welt mit anderen Augen zu sehen – ein Stückchen stärker an die Realität dort draußen heranrücken“ – Eckart, der Veränderer!

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