Der Erste Weltkrieg in 3D

28.9.2014, 13:18 Uhr
Der Erste Weltkrieg in 3D

© Foto: Neue Visionen

„Der 1. Weltkrieg in 3D“? Das klingt zunächst absurd. Schließlich war zu dieser Zeit noch nicht einmal der Tonfilm verbreitet. Zwar wurde schon 1915 ein 3D-Testfilm öffentlich vorgeführt. Doch dreidimensionale Filmaufnahmen vom 1. Weltkrieg existieren natürlich nicht.

Was aber weitgehend in Vergessenheit geriet: „Die 3D-Fotografie war einst ein Massenmedium“, erzählt Nikolai Vialkowitsch. Stereoskopische Bilder wurden um 1900 enorm populär. Mit Hilfe eines Stereoskops konnten diese Fotos dreidimensional betrachtet werden. Der Regisseur brachte zur Anschauung einen zeitgenössischen, bizarr anmutenden Apparat mit, der an eine Taucherbrille erinnert.

Optisch beeindruckend

Solche stereoskopischen Bilder des 1. Weltkriegs stehen im Zentrum des Films. Sie erreichen auf der Leinwand eine beeindruckende räumliche Tiefe. Dass 3D bei anspruchsvollen Dokumentationen Sinn machen kann, bewies u.a. auch Werner Herzog mit der „Höhle der vergessenen Träume“. Hier sieht man nun Schützengräben, Panzer, posierende Soldaten, aber auch Lazarette und scheußlich zugerichtete Leichen.

Vialkowitsch hat die teils handkolorierten Fotografien in einem aufwändigen Verfahren digitalisert und sie im Film um zweidimensionale zeitgenössische Dokumentarsequenzen sowie moderne 3D-Aufnahmen insbesondere der Schützengräben ergänzt. Dennoch mutet die recht statische Bilderflut auf die Dauer etwas monoton an.

Dafür wird inhaltlich die allzu häufige Machart einschlägiger Dokumentationen verlassen. Vialkowitsch arbeitet sich nicht an der Darstellung politischer Hintergründe und einzelner Ereignisse ab, sondern setzt auf einen ganz subjektiven Ansatz, der überraschend gut funktioniert. Von renommierten Sprechern werden literarische Texte über den Krieg, etwa von Stefan Zweig, aber auch Tagebucheinträge, Briefe und Berichte unbekannter Zeitzeugen gelesen. Das Grauen des Krieges wird da oft sehr unmittelbar spürbar. Dies gilt besonders für eine Sequenz, in der zu Lazarett-Aufnahmen der höchst eindringliche Text einer US-amerikanischen Krankenschwester zu hören ist.

Musikalisch wäre etwas mehr Zurückhaltung wünschenswert gewesen. Bisweilen vergreift man sich buchstäblich im Ton, etwa wenn zu den Aufnahmen zahlloser Gräber die Musik pathetisch tost.

Seitenwechsel

Ausgangspunkt für die Entstehung dieses ungewöhnlichen Projekts war Vialkowitschs 3D-Begeisterung: „Ich habe mich schon seit der Kindheit damit beschäftigt“, sagt er und erinnert an den Viewmaster. Das Gerät sorgte vor allem auf dem Spielzeugmarkt der 70er und 80er für eine Renaissance der stereoskopischen Bildbetrachtung. Die Auswahl der Fotos für „Im Krieg“ sei aber nicht einfach gewesen. „Jedes Bild steht in kommerziellem oder propagandistischem Zusammenhang.“ Von der Ostfront habe es nur deutsche Fotos gegeben. Deshalb habe man sich auf die Westfront konzentriert. „Der Seitenwechsel war für uns sehr wichtig“, betont der Filmemacher.

Der Film läuft bis 8. Oktober im Casablanca, Brosamerstr. 12.

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