Der Fortschritt im Müll: ASN schlachtet Schlacke aus

31.10.2014, 06:00 Uhr
Mit einem Kran befördern Mitarbeiter der Abfallwirtschaft Nürnberg (ASN) den Müll im Bunker der Verbrennungsanlage in die Schächte, die zu den Öfen führen.

© Stefan Hippel Mit einem Kran befördern Mitarbeiter der Abfallwirtschaft Nürnberg (ASN) den Müll im Bunker der Verbrennungsanlage in die Schächte, die zu den Öfen führen.

Kupfer ist ein wichtiges Metall für die technische Entwicklung. Immer schneller, immer aufwendiger produzieren Hersteller modernste Elektrogeräte, die auf dem Markt reißenden Absatz finden. Doch der Preis dafür ist hoch. Die Kupferbestände auf der Erde sind bald aufgebraucht. Experten rechnen damit, dass in 20 Jahren alle Minen der Erde ausgeraubt sind. Der zeitlich begrenzte Abbau gilt auch für andere Rohstoffe, Edelmetalle und Seltene Erden, die in Handys, Computern und Flachbildfernsehern zu finden sind.

Die Verknappung macht sich bereits heute bemerkbar, etwa bei der wachsenden Zahl der Metall-Diebstähle. So werden Banden immer dreister, um an Kupfer, Bronze & Co. zu kommen. Sie plündern Baustellen, stehlen an Bahn-Anlagen Kabel und machen selbst vor Kirchen und Friedhöfen nicht halt. Jüngstes Beispiel in Nürnberg: Auf dem Rochusfriedhof haben Diebe wertvollen Grabschmuck aus Kupfer und Bronze geklaut, um ihn zu Geld zu machen. Ein aufmerksamer Schrotthändler hat den Tätern einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Was aber tun, um den technischen Fortschritt, der an diesen Rohstoffen hängt, in Zukunft nicht zu gefährden? Eine Idee wird der Abfallwirtschaftsbetrieb Nürnberg ab Anfang nächsten Jahres umsetzen - und dazu benötigt er die Deponie Süd am Marthweg.

Tonnenweise Restmüll

Die Schlacke aus der Nürnberger Müllverbrennungsanlage (MVA) gewinnt in diesem Zusammenhang buchstäblich immer mehr an Wert. Denn nach wie vor landen Wertstoffe, die beispielsweise in Elektrogeräten verbaut sind, nicht auf dem städtischen Recyclinghof, sondern in der grauen Tonne, dem allgemeinen Abfall. Täglich liefern Lkw tonnenweise Restmüll aus umliegenden Städten und Kreisen hier in der Anlage an - Abfälle aus Nürnberg, Fürth, Schwabach, den Landkreisen Nürnberger Land und Fürth.

Die Lkw kippen den Restabfall in den Müllbunker. In einer Kanzel steuern zwei Mitarbeiter die beiden Kräne, greifen damit den Unrat und heben ihn in die Schächte, die zu den drei Öfen führen. Bei mehr als 1000 Grad wird der Müll verbrannt. Übrig bleiben die Rückstände mit Rohstoffen. Förderbänder transportieren sie in eine Halle, in der sich die graue Masse türmt und regelmäßig abgeholt wird. Pro Jahr landen 220.000 Tonnen Restabfall im Müllbunker, davon bleiben 50.000 Tonnen an Schlacke übrig - darunter acht Prozent Eisen und 1,5 Prozent Buntmetalle. Bei einer Besichtigung sind in der Schlacke verkohlte Büchsen, Fahrradrahmen, Kochtöpfe und Federn von Federkernmatratzen zu erkennen.

Ein privates Unternehmen holt das Material ab, entnimmt daraus Rohstoffe und gibt den Rest weiter. Der wird dann im Straßenbau als Füllmaterial verwendet.

Doch das wird sich ändern. Denn in diesem Rest befinden sich noch immer Rohstoffe, die mit den herkömmlichen Verfahren nicht vollständig entnommen werden können. "50 Prozent des Kupferanteils bleibt zurück", sagt ASN-Chef Reinhard Arndt.

Diesen Rest will sich die Stadt jetzt sichern. Derzeit läuft eine Ausschreibung für die künftige Verwertung der Schlacke. Das Unternehmen, das den Zuschlag bekommt, wird nach einer ersten Ausbeute die Rest-Schlacke an die Stadt zurückgeben. Die landet dann auf der Deponie Süd.

Chance für die Zukunft

Zum einen wird die Halde am Stadtrand damit verfüllt, ab 2023 muss sie stillgelegt werden. Zum anderen aber verfolgt die Stadt damit "Urban Mining" (Stadtschürfung). Gemeint ist, dass sie angesichts der zu erwartenden Verknappung von Edelmetallen und Seltenen Erden auf dem Depot Süd eine sogenannte Sekundärrohstoffmine anlegt - für eine spätere Rückgewinnung der Wertstoffe aus der vergrabenen Schlacke. "Das könnte eine Rohstoffquelle für nachfolgende Generationen sein", so Arndt. Vorausgesetzt, die Technik ist dann so weit, dass alle Wertstoffe vollständig aus der Schlacke entnommen werden können.

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