„Der kleine Horrorladen“: Ironische Scherze und starke Stimmen

28.9.2014, 12:03 Uhr
„Der kleine Horrorladen“: Ironische Scherze und starke Stimmen

© Hans von Draminski

Und das, obwohl der Verein „musicalCOM“ alles andere als eine teure Hochglanzproduktion auf die Beine gestellt hat. Bühnenbild und Kostümierung erscheinen sparsam, aber effektvoll; am aufwendigsten ist jene Monsterpflanze „Audrey II“ geraten, in der ein ganzer Sänger (sehr stark: Julian Navratil) Platz haben muss.

„Der kleine Horrorladen“ stellt an sich eine Anfang der 1980er Jahre von dem Komponisten Alan Menken und dem Librettisten Howard Ashman geschaffene Musical-Adaption eines Horrorfilms aus der Schmiede des berüchtigten B-Movie-Regisseurs Roger Corman dar. Schräger Trash, der längst zum Kult geworden ist.

Tobias Bencker, selbst Musiker und Musicalsänger, hat daraus allerdings etwas anderes gemacht: eine Parabel auf das ebenso übertechnisierte wie informationell übersättigte 21. Jahrhundert, in dem nur der Erfolg hat, der sich ständig neu erfindet, der neue Sensationen bietet und so die gelangweilte Gesellschaft mit neuem Stoff versorgt. Bei Bencker ist der männliche Protagonist Seymour, der als Verkäufer im Vorstadt-Blumenladen des Mister Mushnik (witzig: Benedikt Ulrich) arbeitet, ein blasser Computer-Nerd, dem man zutraut, ein menschenfressendes Ungeheuer wie „Audrey II“ zu schaffen. Das rapide wächst, nachdem sein Schöpfer es mit seinem eigenen Blut füttert. Julian Schmitz gibt Seymour eckig, verklemmt und schüchtern.

Dass Seymours Kollegin Audrey ein genauso schüchternes Mädel mit bedenklichen sadomasochistischen Neigungen ist, bringt Ramona Mostosi mit einer fein dosierten Mischung aus Selbstironie und Herzenswärme über die Rampe, was wie Mostosis klarer Sopran hilft, das Hascherl-Klischee zu brechen. Diese Frau weiß, was sie will: ein bürgerliches Leben mit Häuschen im Grünen.

Brutaler Zahnarzt

In der Realität hat sie nur einen brutalen Zahnarzt zum Geliebten, der mit ihr Fessel- und Prügelspiele exerziert und sich mit Lachgas zudröhnt. Ein Widerling, den Jozo Babic zwerchfellstrapazierend komisch darstellt. Klar, dass er ein schreckliches Ende erleiden muss und an die Pflanze verfüttert wird.

Davon weiß die taffe Agentin (frech und präsent: Eva Tschamler), die Seymour als „Starbotaniker“ vermarkten will, so wenig, wie die punkige Teenagerbande (Christine Unger, Rebecca Horcher und Marta Herget), aus der sich Seymours Groupies rekrutieren. Bis zum bösen Ende ist „Der kleine Horrorladen“ ein dank Liveband und ansprechender Gesangsleistungen gut anzuhörendes Musical-Kaleidoskop, bei dem es wenig stört, dass es keinen Ohrwurm, keinen echten Hit gibt. Dafür Insider-Scherze, skurrile Details und spaßige Einfälle.

Vorstellungen im Katharinensaal bis zum 16. November. Termine und Karten unter www.musicalcom.de/Horrorladen; Bilderschau auf www.nn-online.de

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