Der Kommentar: Eine Frage des Stils

29.12.2012, 07:59 Uhr

Es wird dabei nicht nur um die historische Dimension des Nationalsozialismus und des Holocaust gehen, sondern auch um aktuelle Themen wie Identität, Ausgrenzung, Menschenrechte und Engagement gegen die Umtriebe der Neonazis. Hiermit setzt das Amt für Kultur und Freizeit (KuF) ein deutliches Zeichen gegen Rechtsextremismus und für kulturelle Vielfalt.

Da ist es gut, dass bei der Auswahl der Projekte genau hingeschaut wird. Der von der Künstlerin Manuela Dilly angedachte Nachbau einer KZ-Schlafstätte mit Jugendlichen aus der Peter-VischerSchule wirft viele Fragen auf. In welcher Rolle sollten beispielsweise die Schüler agieren? Ausschließlich als Experten, die andere Schüler durch die Installation führen, oder als Statisten, die KZ-Häftlinge spielen? Das Konzept der Künstlerin, das auf eine DIN-A4-Seite passt, und der Projektantrag der Schule sprechen hier eine unterschiedliche Sprache. Und ist ein Kellerraum mit vergittertem Oberlicht wirklich geeignet, die Authentizität eines Konzentrationslagers „möglichst lückenlos zu kreieren“, wie es sich Manuela Dilly vorgestellt hat?

Alexander Schmidt vom Dokuzentrum hat recht, wenn er vor dieser „Gratwanderung“ warnt. Und auch das KuF war wohl gut beraten, hier die Notbremse zu ziehen.

Ganz schlecht gelaufen ist aber offenbar die Kommunikation zwischen Stadt und Künstlerin. Dilly erst Zustimmung zu signalisieren, dann scheibchenweise verschiedene Gründe für die Absage nachzuschieben und ihr schließlich mit negativen Konsequenzen für die weitere Zusammenarbeit zu drohen, wenn im Stadtanzeiger kritisch berichtet wird, ist ganz schlechter Stil.

Manuela Dilly und andere Künstler haben schon an vielen Schulen und in Kulturläden tolle Projekte durchgeführt und sind bei Rektoren und Kindern beliebt. Ihre Arbeit ist pädagogisch wertvoll. Sie sollte, das nur am Rande bemerkt, auch ordentlich honoriert werden, symbolisch und finanziell. Dass diese Arbeit beim Anne-Frank-Projekt an Grenzen stößt, würden die Beteiligten sicher eher einsehen, wenn die Stadt das Gespräch suchen würde. Noch ist es nicht zu spät.
 

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