Dicke Luft: Nürnbergs Schulen haben ein CO2-Problem

11.10.2017, 05:44 Uhr
Dicke Luft: Nürnbergs Schulen haben ein CO2-Problem

© Foto: Daniel Karmann/dpa

Der Mensch muss atmen, das lässt sich nicht vermeiden, auch wenn er dabei permanent Kohlendioxid (CO2) in seine Umwelt pustet. In geschlossenen Räumen führt das dazu, dass der CO2-Gehalt in der Luft kontinuierlich ansteigt. Wer sich mit 25 anderen Menschen über längere Zeit in einem Zimmer aufhält, wird müde, kann sich schlecht konzentrieren, bekommt Kopfschmerzen. Studien zufolge sinkt die Leistungsfähigkeit ab einer CO2-Konzentration von 1000 ppm (parts per million) merklich. Ab 2000 ppm gilt die Luft als "hygienisch inakzeptabel".

Das Problem ist nicht neu, aber es hält sich hartnäckig. "Nürnberg steht nicht alleine damit da", sagt Umweltreferent Peter Pluschke. "Das bewegt viele Kommunen." Auch, weil es eine klare Empfehlung des Umweltbundesamts gebe. "Leitfaden für die Innenraumhygiene in Schulgebäuden", heißt das 140-Seitenwerk - auch darin heißt es, dass richtig und konsequent gelüftet werden muss.

"In den Neubauten mit Lüftungsanlagen ist die Lufthygiene unkritisch", sagt Peter Pluschke. Entscheidend sei auch die bauliche Situation. "Wenn Räume groß und sehr hoch sind, wirkt sich das zum Beispiel sehr vorteilhaft aus. Aber natürlich muss auch da gelüftet werden."

"Alles in allem eine nicht zufriedenstellende Situation"

In den Jahren 2009 bis 2011 wurden 17 Schulen und Kindertagesstätten energetisch saniert. Danach musste die Stadt feststellen, dass die Vorgaben des Umweltbundesamts nicht erfüllt waren. Messungen ergaben zu hohe CO2-Werte in den Klassenzimmern. Also wurde die Arbeitsgruppe Bau-Umwelt-Gesundheit (bug) gegründet, die ein Messprogramm auflegte. Zwischen 2012 und 2014 wurden die Werte in sechs ausgewählten Schulen gemessen - saniert und unsaniert, mit mechanischer Lüftung und ohne.

Untersucht wurden die CO2-Werte im Zeitraum zwischen 8 und 17 Uhr. Teilweise lagen sie bis zu fünf Stunden lang im "hygienisch auffälligen Bereich", also zwischen 1000 und 2000 ppm und bis zu zweieinhalb Stunden im "hygienisch inakzeptablen Bereich", nämlich über 2000 ppm. "Alles in allem eine nicht zufriedenstellende Situation", heißt es im Abschlussbericht der Arbeitsgruppe, mit dem sich der Schulausschuss des Stadtrats am 20. Oktober beschäftigt.

"Lüftungsmaßnahmen während der Unterrichtsstunden werden nur selten durchgeführt, ebenso wird die Möglichkeit zu intensiveren Lüftungsmaßnahmen während der Pausenzeiten nur selten genutzt. Sehr häufig entfällt auch eine intensive Lüftung am Ende der Unterrichtszeit, so dass am nächsten Morgen noch vergleichsweise hohe CO2-Werte vorliegen."

Hilft eine Luftgüte-Ampel?

Das heißt also: Die Kinder sitzen schon morgens in schlechter Luft - und diese wird im Laufe des Tages nicht besser. In einem Gymnasium, Baujahr 1960, lag die CO2-Konzentration am Ende der fünften Stunde bei 4090 ppm.

Bei den Schultypen schneidet die Grundschule deutlich besser ab als das Gymnasium - was weniger am Bauzustand als am Nutzerverhalten liege, so die Experten. Grundschulklassen seien inklusive Lehrkraft "standorttreu", in Gymnasien würden Räume und Lehrkräfte häufiger gewechselt - offenbar fühlt sich dann niemand dafür zuständig, ob der Raum nach der Stunde gelüftet wird, oder nicht. Nötig sei, so die Verfasser des Berichts, die Lehrer über richtiges Lüften zu informieren und sie zu schulen. Das sieht Umweltreferent Pluschke genauso.

Auf den richtigen Zeitpunkt, mal die Fenster aufzureißen, können auch technische Helfer hinweisen: etwa die Luftgüte-Ampel. Wenn bestimmte CO2-Werte im Raum erreicht sind, gibt sie Warngeräusche von sich oder blinkt. Dort wo die Probleme mit der Luft anhalten, seien solche Ampeln durchaus sinnvoll, sagt Pluscke. "Aber sie müssen dann auch wahrgenommen werden." Diese Forderung ist auch im Abschlussbericht über das Messprogramm zu lesen.

Entscheidend sei die Bereitschaft der Nutzer, auf die Signale der Messgeräte zu achten. Dazu müsse sich aber auch eine wichtige Erkenntnis durchsetzen: dass frische Luft die Kinder fit macht. Noch aber spiele "eine gute, dem Lernen zuträgliche Raumluftqualität im Schulalltag eine eher untergeordnete Rolle".

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