Die Dürre hält an: Was die Trockenheit mit der Region macht

21.10.2018, 13:04 Uhr
Der Bachlauf hinter dem Valznerweiher ist ausgetrocknet. Laub hat sich dort angesammelt, wo vor dem Sommer noch Wasser floss.

© Michael Matejka Der Bachlauf hinter dem Valznerweiher ist ausgetrocknet. Laub hat sich dort angesammelt, wo vor dem Sommer noch Wasser floss.

Strahlend blauer Himmel und seit Wochen kein Niederschlag – das wäre im Hinblick auf die Jahreszeit eigentlich in Ordnung, sagt Ulrich Fitzthum, der das Wasserwirtschaftsamt Nürnberg leitet. Das Problem ist die lang anhaltende Trockenheit. Im Niedrigwasser-Lagebericht Bayern heißt es: "Rund 70 Prozent der oberflächennahen Grundwassermessstellen weisen niedrige und sehr niedrige Grundwasserstände auf. In den tieferen Grundwasser-Stockwerken zeigen 79 Prozent der Messstellen diese Niedrigwassersituation."

Der Bodenlehrpfad bei Kalchreuth macht die lang anhaltende Trockenheit deutlich sichtbar: Das Bodenprofil zeigt tiefe, breite Risse.

Der Bodenlehrpfad bei Kalchreuth macht die lang anhaltende Trockenheit deutlich sichtbar: Das Bodenprofil zeigt tiefe, breite Risse. © Michael Matejka

Nürnberg liegt ohnehin im fränkischen Becken und damit in einem der niederschlagsärmsten Gebiete Bayerns. Zum Vergleich: Die gemessene Menge beträgt im Schnitt 616 Liter pro Quadratmeter, im südlichen Bayern liegt sie bei 2000 Litern. Doch keine Angst: Das Trinkwasser wird nicht knapp. Nur ein kleiner Teil stammt aus dem Wasserwerk der N-Ergie in Erlenstegen, 89 Prozent fließen seit mehr als 100 Jahren aus dem oberen Pegnitztal (Ranna) – aber auch aus Genderkingen im Donau-Lech-Gebiet – in die Stadt

Deshalb wird von den Messstellen entlang Rednitz und Regnitz auch grünes Licht gemeldet. Da haben die Menschen draußen auf dem Land schon ganz andere Probleme, sagt Ulrich Fitzthum. Dem pflichtet Helmut Wolf bei. Der Leiter der Geschäftsstelle Nürnberg des Bayerischen Bauernverbandes betont: "Wenn wir statt 140 nur noch 100 Prozent Ertrag haben, dann ist das kein Problem, über das wir jammern sollten. Landwirte mit Viehhaltung, bei denen aufgrund des Extremwetters das Futter knapp ist, die haben echte Probleme."

Bedenken äußert Ulrich Fitzthum trotzdem: Der Regen wird übers Jahr gesehen kontinuierlich weniger, sieht man einmal vom sehr nassen Jahr 2017 ab. Die Böden sind tiefgründig ausgetrocknet. "Das ist für die Natur, für die Pflanzen und Bäume wirklich schlimm."

Blick aufs Knoblauchsland

Eigentlich könnte Stefan Hußnätter zu diesem Zeitpunkt schon Zahlen liefern. Denn in normalen Jahren ist die Beregnungs-Saison der Landwirte im Oktober vorbei. Heuer nicht. "Die Dürre hält auch im Herbst an", sagt der Vorstand des Wasserverbands Knoblauchsland. Die Böden sind ausgetrocknet, die Sonne ist noch immer stark, die Verdunstung groß, eine Wasserzugabe im Gemüseanbaugebiet damit "zwingend erforderlich". So viel kann Hußnätter aber schon sagen: "Der Wasserverbrauch ist in diesem Jahr auf jeden Fall signifikant höher als in anderen Jahren, das lässt sich nicht von der Hand weisen."

Diese Grafik zeigt, wie sehr der Großraum Nürnberg sich durch die Dürre verändert hat:

Ein Thema, das die Betriebe beschäftigt — und zum Handeln bewegt. Denn ein höherer Wasserverbrauch bedeutet zum einen natürlich auch höhere Kosten. Doch viel wesentlicher ist der Schutz der kostbaren Ressource. "Wir sind selbst bestrebt, gegenzusteuern, damit uns Wasser auch künftig ausreichend zur Verfügung steht."

Über Zeitfunktionen und fast automatische Mengenventile lässt sich der Verbrauch regulieren, neue Sprinkleranlagen wiederum arbeiten mit weniger Druck, wodurch der Wind weniger Wasser davontragen kann. Hußnätter sagt: "Diese Anlagen waren in diesem Jahr die Rettung." Zucchini beispielsweise werden nicht mehr mit Kreisregnern bewässert, sondern über Tropfschläuche. Das Ergebnis: weniger Verluste über Verdunstung. "Mit solchen Schritten machen wir keine Quantensprünge. Aber man kann durchaus etliche Prozent an Wasser einsparen."

Blick in den Wald

"Nach dem vergangenen nassen Winter hatten wir erst Angst, dass uns die Pflanzen absaufen. Und dann war das Gegenteil der Fall: Die Böden sind immer mehr ausgetrocknet", sagt Roland Blank, Leiter des Forstbetriebs Nürnberg der Bayerischen Staatsforsten. Die Hälfte der jungen Baumpflanzen, die im Frühjahr im Reichswald gesetzt wurden, sei eingegangen, nun müssen rund 50.000 neue gepflanzt werden. Das ist auch ein nicht unbedeutender materieller Schaden, denn bei einem Preis zwischen 1,50 bis 2 Euro pro Bäumchen summiert sich das Ganze auf immerhin rund 88.000 Euro.

Aber nicht nur für junge Bäume war die monatelange Trockenheit quasi "tödlich" – auch in den alten Baumbeständen hat sie Spuren hinterlassen. Fichten etwa haben durch den Wassermangel ihre Widerstandsfähigkeit verloren und waren damit leichte Beute für den Borkenkäfer. "Befallene Bäume müssen wir schnell fällen und aus dem Wald bringen, damit der Käfer nicht auf andere Bäume übergreift", sagt der Forstbetriebsleiter. Den für den Reichswald typischen Kiefern erging es nicht viel besser. Sie haben ihre Nadeln schon verloren oder werfen sie jetzt ab – dann lauert schon der Kiefern-Prachtkäfer, der sie unter der Rinde befällt.

Massiv gelitten haben auch die Laubhölzer. Bei kleineren, unter den Nadelhölzern wachsenden Bäumen hat die Laubfärbung heuer schon im Spätsommer eingesetzt. Manche haben ihre Blätter gleich ganz abgeworfen, betroffen sind vor allem die Birken. Der Waldboden ist nach der langen regenlosen Zeit ebenfalls strohtrocken. Mit sichtbaren Folgen für Heidelbeer-, Brombeer-, Himbeer- und Preiselbeersträucher: Nach einem guten Fruchtansatz im Frühsommer konnten sich die Beeren meist nicht entfalten und verhutzelten schließlich am Strauch.

Heftige Regengüsse würden dem Waldboden übrigens nichts nützen. Denn danach fließt ein Großteil des Wassers schnell oberflächlich ab. Bevor der Boden Regen aufnehmen und Wasser an die Pflanzen weitergeben kann, ist eine gewisse Durchfeuchtung des Erdreichs nötig. "Wir vom Forst wünschen uns deshalb, dass es möglichst bald mal eine ganze Woche oder auch zwei einen richtigen Landregen gibt", sagt Blank.

Blick in die Stadt

Ob die Trockenheit ein Thema ist? "Aber sicher doch", sagt Jochen Obermeier, Vorsitzender des Stadtverbands Nürnberg der Kleingärtner. Immerhin ist der letzte Regen schon wieder Wochen her, die Regentonnen sind leer. Es gebe zwei Gärtner-Typen: Die einen wässern (mittlerweile) nicht mehr und warten ab, welche Pflanzen überleben. Die anderen – er selbst gehört dieser Kategorie an – stehen noch jetzt im Herbst täglich im Garten und gießen, "damit nicht alles vertrocknet". Denn dann sind auch die mehrjährigen Pflanzen hinüber, und nichts grünt im Frühjahr mehr so grün.

Natürlich hat das warme Klima auch seine guten Seiten: Noch immer lässt sich’s wunderbar draußen sitzen, und manch eine wärmeliebende Gemüsesorte gedeiht jetzt prächtig, zum Beispiel Auberginen. Das Obst wird früher reif, "Zwetschgen gab’s schon im August", und die Ernte war reichlich in diesem Jahr.

Aber für Stadtbäume gilt das Gleiche wie für Waldbäume: Mit dem Sinken des Grundwasserspiegels nimmt das Leid der Bäume zu. Die Trockenheit zehrt, schwächt das Immunsystem. Der gestresste Baum wirft aus Selbstschutz früher erst seine Blätter, dann seine Früchte ab. "Sehr viel Obst landete in der Bio-Tonne", sagt der Gärtner. Natürlich sei der Boden jetzt morgens feucht, "den Wiesen reicht das, Bäumen und Sträuchern aber keinesfalls". Der Stadtverband kümmert sich um 6000 große Bäume im Stadtgebiet. Welche davon überlebt haben, wird erst das nächste Frühjahr zeigen.

Auch der Servicebetrieb Öffentlicher Raum (SÖR) wässert nach wie vor besonders die jungen der 28.000 Straßenbäume an Einzelstandorten. Schätzungsweise 13,5 Millionen Liter Wasser seien insgesamt vergossen worden, im vergangenen Jahr waren es rund 12,5 Millionen Liter.

"Die Trockenheit", so fasst Jochen Obermeier vom Kleingärtner-Verband das Gespräch am Ende zusammen, "ist noch ein kleines Problem. Aber es wird größer werden."

Niedrigwasser-Informationsdienst: https://www.nid.bayern.de

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