Die Zeppelintribüne wird fit gemacht

7.3.2013, 00:00 Uhr
150.000 Euro muss die Stadt auch heuer wieder investieren, um das Nazi-Relikt Zeppelintribüne für das Norisring-Rennen instand zu halten.

© Roland Fengler, Günter Distler 150.000 Euro muss die Stadt auch heuer wieder investieren, um das Nazi-Relikt Zeppelintribüne für das Norisring-Rennen instand zu halten.

Für weit über Hunderttausend Anhänger des Boliden-Spektakels stellt sich Jahr für Jahr die gleiche Frage: Wie lange halten die bröckelnden Stufen über dem sogenannten Goldenen Saal noch? Kann man auch heuer wieder auf den steinernen Hinterlassenschaften des Nationalsozialismus Schnappschüsse von der Rennstrecke machen? Man kann, meint Wolfgang Vinzl, Leiter des städtischen Hochbauamts. Seine Behörde kümmert sich um den Unterhalt.

Allerdings ist es, wie immer, ein Kopf-an-Kopf-Rennen um personelle Kapazitäten. Heuer muss für die Tribüne ein Fachmann abgezogen werden, der eigentlich für das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände zuständig ist. Der Mitarbeiter sollte dort Planungen für neue Büros, Archivräume und für die Energieversorgung voranbringen. Die jetzigen, viel zu dicht besetzten Räume im Dokuzentrum sollten zu einer Aufenthaltszone für die Besucher werden.

Steinschlag droht

Doch diesen Ordner muss der Mann vom Hochbauamt schließen und sich intensiv dem Fitness-Programm für die Steintribüne widmen, damit sie beim Norisring-Rennen Mitte Juli auch für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Das entscheidende Stichwort: Verkehrssicherungspflicht. Keine Stufe der endlos langen Treppenanlage darf kippeln oder als Stolperstein vorstehen. Die Rückwand der Haupttribüne ist seit langem gesperrt — wegen der Gefahr des Steinschlags. Dort übten früher unermüdliche Tennisspieler. Doch die Zeiten des kräftigen Aufschlags sind vorbei. Es war nicht auszuschließen, dass sich die großen Kalkstein-Platten aus der Verankerung lösen und herabstürzen.

Die große Lösung, um den bröckelnden Erinnerungsort dauerhaft zu erhalten, würde allerdings 70 Millionen Euro kosten.

Die große Lösung, um den bröckelnden Erinnerungsort dauerhaft zu erhalten, würde allerdings 70 Millionen Euro kosten.

Rund 150.000 Euro muss die Stadt jedes Jahr aufbringen, nur um das brüchige Nazi-Relikt begehbar zu halten. Damit lassen sich die nötigsten Reparaturen bezahlen. Eine große Lösung ist angedacht: Experten schätzen den Aufwand auf 70 Millionen Euro, um die gigantische Stufenanlage als Erinnerungsort zu erhalten. Es geht dabei nicht um den Wiederaufbau gesprengter Teile, sondern um den bloßen Erhalt der maroden Konstruktion. Nach ersten Schätzungen müssten 80 Prozent der Kalkstein-Platten erneuert werden. „Die Zeppelintribüne ist ein Ort von nationaler Bedeutung“, hatte Nürnbergs Kulturreferentin Julia Lehner vor Jahren betont und mit dem Argument Bayern und die Bundesrepublik in die Pflicht genommen. Ein Alleingang der Stadt ist schon aus Kostengründen vollkommen ausgeschlossen.

Politiker von Bund und Land hatten wiederholt Interesse signalisiert. Doch konkrete Unterlagen für die notwendigen Maßnahmen hat die Stadt immer noch nicht zusammengestellt. Erst dann sind verbindliche Förderzusagen zu erwarten. „Die Aufgabe kann keine Halbtagskraft bewältigen, das müssen schon zwei Fachleute machen“, meint Hochbauamts-Chef Vinzl.

So nebenbei kann er allerdings keinen seiner 120 Ingenieure und Architekten abordnen. Denn die Experten sind mit Arbeit eingedeckt: Kindertagesstätten, Schulen, der Neubau des Langwasserbads und die FeuerwacheI binden die Kräfte langfristig. Und dann sind da so viele kulturelle Baustellen wie lange nicht mehr: die Hochschule für Musik, der Z-Bau, die Fränkische Galerie, die neue Nutzung der AEG und die Abrechnung des Luitpoldhauses.

20 zusätzliche Mitarbeiter braucht die Hochbauamts-Leitung nach eigener Einschätzung, um den Auftragsberg abzuarbeiten. Aber die Behördenspitze ist realistisch genug: Im Gespräch mit dem städtischen Personalreferenten Wolfgang Köhler will man den engen Spielraum ausloten. Denn die Stadt muss die Sparauflagen der Regierung von Mittelfranken erfüllen. Eine größere Stellenausweitung ist ausgeschlossen, zumal in der Vergangenheit bereits 20 befristete Verträge vergeben wurden.

Das Spannungsfeld ist deutlich: Einerseits will man nicht zu viele Spezialisten dauerhaft binden, weil die Wirtschaftslage irgendwann wieder einbrechen kann. „Andererseits schieben wir Aufgaben mangels Personals immer weiter in die Zukunft“, bedauert Vinzl. Die dringlichsten Brocken — wie jetzt wieder die Zeppelintribüne — werden abgearbeitet, andere Projekte bleiben liegen: ein ständiger Verschiebebahnhof.
 

Keine Kommentare