Dieser Nürnberger besuchte 13 WM-Spiele zum Sparpreis

19.7.2018, 17:48 Uhr
Dieser Nürnberger besuchte 13 WM-Spiele zum Sparpreis

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Die Planung begann im September. Als die Fifa die erste Verkaufsphase für WM-Karten eingeläutet hat, hat sich Pinskij direkt für sieben Spiele beworben. "Mehr ging nicht", sagt der Nürnberger, der Weltverband deckelt die Ticket-Anzahl pro Person schließlich aus gutem Grund. Stichwort: Schwarzmarkt. "Dann gab es tatsächlich etwa eine Woche vor Turnierstart noch einmal Resttickets online, da habe ich zugeschlagen. Und den Rest habe ich dann vor Ort gemacht."

Vor Ort, damit ist keinesfalls die Abendkasse an den Stadien gemeint, nein, der 30-Jährige hat schlicht Karten getauscht. Weil er für das eine Halbfinale zwei Karten besaß und für das andere keine, suchte er sich ein Pendant, dem es genau andersherum ging. So sah er beide Partien. Und das Spiel um Platz drei. Und das Finale. Und alle deutschen Partien. Und und und.

"Ich habe bestimmt 60 Stunden in Zügen verbracht", erzählt Pinskij, "und etwa 20 im Auto". Über eine Mitfahrzentrale buchte er sich bei Privatleuten ein, die ihn dann von Spielort zu Spielort brachten. "Ich bin unter anderem bei einem Armenier eingestiegen, der ist gefahren wie ein Rallye-Fahrer - mit Vollgas über jedes Schlagloch." Knapp 400 Kilometer lang, von Kasan nach Nischni Nowgorod. 

Mit Mexikanern im Nachtzug

Noch günstiger reiste der Nürnberger aber mit der Bahn. Wer ein WM-Ticket besaß, durfte mit einem ausgewählten Anbieter kostenlos an den jeweiligen Spielort fahren. Egal, von wo aus. Pinskij bevorzugte Nachtzüge, "dann spart man sich das Hotel." Und trifft dabei bestenfalls auf feierwütige Mexikaner.

Überhaupt, die Mittel- und Südamerikaner. "Brasilien gegen Mexiko war eines der besten Spiele, das ich gesehen habe. Allein schon wegen der Stimmung im Stadion und auch in der Stadt. Man hatte das Gefühl, halb Südamerika ist da." Das furiose 4:3 der Franzosen gegen Argentinien zählt Pinskij ebenso zu seinen Highlights, das Halbfinale zwischen England und Kroatien sowieso.

Aus deutscher Sicht bleibt natürlich der Kroos'sche Freistoßtreffer gegen Schweden hängen. "Das Spiel war in Sotschi, wir sind danach zur Strandpromenade runtergegangen und haben gefeiert. Bis der Regen kam und alle Fans weggespült hat."

Dieses epische Tor in der Nachspielzeit war bekanntlich das einzige Glanzlicht der DFB-Elf in Russland. Ansonsten enttäuschte die Mannschaft nicht nur die deutschen Fans. "Die meisten waren schockiert, dass Deutschland so früh rausfliegt", erinnert sich Pinskij. Und: "Die Brasilianer hatten eigentlich richtig Angst, im Achtelfinale auf uns zu treffen."

Comedian Oliver Pocher nahm sich vor dem Schweden-Spiel Zeit für ein Selfie mit Alexej Pinskij.

Comedian Oliver Pocher nahm sich vor dem Schweden-Spiel Zeit für ein Selfie mit Alexej Pinskij. © privat

Mit Pocher auf dem Platz

Unmittelbar vor dem Schweden-Spiel (und unmittelbar neben dem Stadion) hatte der 30-Jährige noch selbst die Fußballschuhe geschnürt. Mit einer deutschen Fanauswahl trat er gegen eine schwedische an. Beim Regionalliga-Team von Futsal Nürnberg steht er im Tor, bei dieser Partie lief er als Feldspieler auf - neben Oliver Pocher übrigens, der in der Nachspielzeit den Siegtreffer erzielte. Im Kroos-Style. "Der kann überraschend gut kicken."

Vier Wochen verbrachte Pinskij in Russland, gab dabei insgesamt nach eigener Aussage etwa 3000 Euro aus - erstaunlich wenig, immerhin hat er alleine für das Finalticket 700 Euro hingelegt. Zwischenzeitlich kam er für einige Tage nach Deutschland zurück, auch des Sportmanagement-Studiums wegen. Dass er dieses "semivirtuell" absolviert, hilft ihm, seine Zeit flexibel einzuplanen.

Oh wie schön ist Samara

Bleibt die Frage: Warum das Ganze? Die Spiele lassen sich schließlich auch im Fernsehen bestens verfolgen. "Die WM hat nunmal einen besonderen Reiz, weil die ganze Welt da ist. Man sieht Städte, in die man sonst nicht reisen würde." Samara, beispielsweise, hätte doch wohl sonst kaum ein Russlandtourist auf seiner To-Do-Liste. "Dabei ist das eine tolle Stadt." Ähnlich verhält es sich mit Kasan, wo verschiedene Religionen friedlich miteinander leben. "Die Kirche steht direkt neben der Moschee", erzählt Pinskij. "Und es gibt keine Probleme."

Schon vor vier Jahren hatte der Nürnberger einige Vorrundenspiele in Brasilien besucht. Nun wollte er -"einmal im Leben", eine ganze WM mitmachen. Die Chance kommt so schnell nicht wieder. Nach Katar werde er wohl eher nicht reisen, schon aus Prinzip. Und 2026 sind die Distanzen dann noch größer als heuer. "Teurer wird es in den USA, Mexiko und Kanada auch", sagt Pinskij.

Für ihn bleibt Russland ohnehin in ganz besonderer Erinnerung. Die Nachtzüge, die spontanen Straßenpartys mit Südamerikanern, Kroos, das Finale. Seine erste komplett vor Ort miterlebte Weltmeisterschaft eben.

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