Diskoverbot und Jugendstrafe für Resi-Schläger

20.5.2017, 05:57 Uhr
Am 17. September 2016 eskalierte vor der Diskothek "Resi" eine Schlägerei. (Symbolbild)

© NN-Archiv Am 17. September 2016 eskalierte vor der Diskothek "Resi" eine Schlägerei. (Symbolbild)

Das Bild ist schwarz-weiß und etwas pixelig - trotzdem ist auf dem Videofilm der Überwachungskameras zu sehen, wie ein Streit zwischen zwei Grüppchen entbrennt. Doch Details sind nur schwer zu erkennen, die Kamera zeichnete die Schlägerei zwar auf, hing aber weit weg entfernt.

Im Video gehen irgendwann zwei Männer zu Boden, andere schlagen und treten zu. Zu sehen ist auch, dass die späteren Geschädigten, junge Asylbewerber, die gegnerische Gruppe vorher mit Steinwürfen provoziert hatte.

Was war geschehen? Auf dem Weg zur U-Bahn gerieten die zwei Halbstarken mit den jungen Asylbewerbern in Streit – diese behaupten später, sie seien als "Schwarze" beschimpft und diskriminiert worden. Ein Vorwurf, den die Angeklagten - selbst Kinder von Migranten - zurückweisen.

Die Streithanseln zogen zurück zum Parkplatz. Dort verließ gerade ein junger Mann mit seiner Freundin die "Resi", sah den Streit, erkannte seine beiden Bekannten und mischt sich ein. Am Ende jenes Abends lagen zwei der jungen Asylbewerber am Boden, einer erlitt einen doppelten Kieferbruch, musste mehrfach operiert werden und laboriert bis heute an dieser Verletzung. Monatelang konnte er nur Flüssignahrung zu sich nehmen.

Als er wehrlos auf dem Boden lag, wurde auf ihn eingetreten, "wuchtig, wie bei einem Schuss mit einem Fußball", so Staatsanwalt Kim-Young Weisschädel. Er warf den vier Angeklagten (alle zwischen 20 und 22 Jahre alt) gemeinschaftlichen versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung vor.

Teils widersprüchliches Bild

Wieder einmal zeigte sich bei dem Prozess, dass es kaum Unübersichtlicheres gibt, als eine Massenschlägerei: Einer der Angeklagte schwieg, die drei anderen zeichneten in ihren Aussagen und Geständnissen ein teils widersprüchliches Bild. "Bescheiden" nannte Dieter Weidlich, Vorsitzender Richter der Kammer, auch die Qualität des Überwachungsvideos.

Am Ende der Beweisaufnahme forderte die Verteidigung, wenig überzeugt von der Beweislage, für drei von vier Angeklagten Freispruch, auch der Staatsanwalt hielt den Vorwurf des versuchten Totschlags nicht mehr aufrecht. Wegen gefährlicher Körperverletzung verlangte er für drei der jungen Männer aus erzieherischen Gründen Jugendstrafen zwischen zwei und dreieinhalb Jahren.

Überdeutliche Reiferückstände

Dass die Angeklagten Reiferückstände haben, ist überdeutlich: Sie leben noch bei den Eltern, von einem eigenständigen Leben sind sie – auch mangels Berufsausbildung – weit entfernt. All dies schwingt mit, als gegen den Hauptaggressor (20) zwei Jahre Jugendstrafe verhängt wird.

Zwar erhält er Bewährung, doch als "Freispruch" dürfte er dies nicht missverstehen: Für die Bewährungszeit von drei Jahren bekommt er einen Bewährungshelfer an die Seite gestellt, er muss 100 Stunden gemeinnützig arbeiten und einen Anti-Aggressions-Kurs absolvieren – versemmelt er diese Auflagen, riskiert er die Bewährung. Dazu kommt: Für die nächsten zehn Monate darf er sich am Abend nicht einmal in die Nähe einer Diskothek bewegen.

Weniger Milde wird dem 20-Jährigen zuteil, der sich auf dem Parkplatz in den Streit eingemischt hatte: Er kassiert nun, weil es "erzieherisch notwendig" sei, 21 Monate Jugendstrafe. Körperverletzung brachte ihm bereits früher Jugendarrest ein, und weil er nicht zum sozialen Trainingskurs ging, saß er bereits wegen Ungehorsams in Arrest.

Der dritte Heranwachsende (21) muss drei Wochen Dauerarrest verbüßen, 60 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten und fünf Gespräche mit der Drogenberatungsstelle führen. Auch er darf sechs Monate nicht mehr in die Disko. Ob das Disko-Verbot eingehalten wird, kann zwar nicht eigens kontrolliert werden – aber die Polizei ist in der Klingenhofstraße stets präsent. Ein Verstoß führt zum Widerruf der Bewährung.