Drohungen und Fehler: Als die NS-Säulen gesprengt wurden

9.3.2016, 14:02 Uhr
"Steine kann man abbrechen, aber mit dem Ungeist muss man sich auseinandersetzen": Mit der Sprengung der NS-Tribüne sowie der Märzfeldtürme hat die Stadt mehr Probleme geschaffen als gelöst.

© Friedl Ulrich "Steine kann man abbrechen, aber mit dem Ungeist muss man sich auseinandersetzen": Mit der Sprengung der NS-Tribüne sowie der Märzfeldtürme hat die Stadt mehr Probleme geschaffen als gelöst.

Das Vorhaben erhitzte die Gemüter: Baureferent Heinz Schmeißner hatte mit dem damaligen Oberbürgermeister Andreas Urschlechter die Beseitigung des Säulengangs vorangetrieben. Schmeißner wurde zuhause anonym angerufen und bedroht. Seine Ehefrau berichtete, dass eine "männliche Stimme mit harter Aussprache" sagte: "Hier spricht die Säulengalerie. Sagen Sie Ihrem Mann, er soll schleunigst zurücktreten; er hat hierfür vier Wochen Zeit, sonst rollt sein Kopf." Und dies blieb nicht die einzige "Attentatsdrohung", wie sich OB Urschlechter ausdrückte.

Bei einer Gesprächsrunde im Dokuzentrum erinnerte sich Oscar Schneider, der damals CSU-Fraktionsvorsitzender im Nürnberger Stadtrat war: Baureferent Schmeißner habe erläutert, dass die "erheblichen Schäden" an der Pfeilergalerie daher rührten, dass die Steine der Kalksteinbrüche vor dem Verbau nicht ausreichend gehärtet worden waren. Daher seien Risse zu erwarten gewesen. Die Kosten für den Erhalt der Tribüne wurden damals vom Baureferat mit einer Million Mark beziffert.

"Ein Schnäppchen im Vergleich zu heute", meinte Historiker Schmidt, der das Gespräch mit Schneider und dem heutigen Baureferenten Daniel Ulrich moderierte. Dass die Sicherung und Sanierung des Treppengebäudes 70 Millionen Euro kosten könnte, wie mehrfach geschätzt wurde, wollte Ulrich nicht bestätigen: "Die Zahl stammt nicht von mir, das Baureferat weiß es nicht." Er hält das Gebäude für zu bedeutend, um es einfach verfallen zu lassen, die Konfrontation mit dem NS-Erbe sei entscheidend: "Es ist wichtig, dass sich auch noch künftige Generationen daran reiben können."

Das Abräumen der Pfleilergalerie ging damals übrigens schief: Die Fachfirma wollte die Sprengung so durchführen, dass die Steinbrocken hinter der Tribüne landeten und von dort abtransportiert werden konnten. Statt dessen blieben erst einmal 17 Säulen stehen, der schwere Schutt krachte auf die Tribüne nieder und sorgte dort für noch größere Schäden - die heute große Probleme machen. "Es war die folgenreichste Veränderung der Zeppelintribüne, die Stadt hat sie kaputt gemacht", meinte Ulrich.

Der frühere Bundesbauminister Oscar Schneider merkte als Schlusswort an: "Fanatismus, Irrationalismus und Brutalismus weltweit sind nicht aus der Welt geschafft. Steine kann man abbrechen, aber mit dem Ungeist muss man sich auseinandersetzen."

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