Egidienplatz gehört parkenden Autos

9.8.2015, 21:19 Uhr
Egidienplatz gehört parkenden Autos

© Eduard Weigert

Was ist das Erste, das einem am Egidienplatz ins Auge fällt? Altglas- und Altpapiercontainer. Dahinter parken Autos in Reih‘ und Glied auf dem Kopfsteinpflaster. Erst auf den zweiten Blick fallen die prunkvollen Bauwerke ins Auge: Die Türme der Egidienkirche werfen lange Schatten auf die trapezförmige und ansteigende Fläche, das Pellerhaus liegt an der Stirnseite des Platzes am Egidienberg. Wilhelm der I. sitzt zu Pferd auf einem Sandsteinsockel und blickt bergab über die Autos.

Der Platz und die Kirche tragen den Namen des früher hier beheimateten Egidienklosters, benannt nach den Heiligen Ägidius von St. Gille. Seit 1809 ist der Name amtlich. Die Kirche ist die einzige Barock-Kirche Nürnbergs und steht seit 1718 in dieser Form, so der Pfarrer des Gotteshauses Martin Brons.

„Der Platz birgt sehr viel Potenzial“, sagt der Geistliche. Immer wieder entbrannten Debatten zur Umgestaltung des Platzes. Auch der Pfarrer der evangelisch-lutherischen Gemeinde hat ein paar Ideen: „Es sollte ein Ort zum Verweilen werden, dann würden sich zum Beispiel Cafés ansiedeln und den Platz beleben.“ Dazu müssten die Parkplätze verschwinden und den Platz freigeben. Im Moment verweilt hier kaum jemand, der Platz gehört den Autos. Eine Sitzbank steht ungenutzt unter einem hoch gewachsenen Baum im Schatten.

Susanne Weissman sitzt etwas abseits hinter der Kirche auf einem Mäuerchen. Mit einem Architektur-Buch bewaffnet muss sie ein wenig Zeit überbrücken. „Ich mag die Stille hier“, sagt die 57-Jährige, „und die Kirche.“ Und trotzdem gefällt ihr der Platz „nicht wirklich. Es gibt zu wenig Grün.“ An den Rändern des Platzes stehen hoch gewachsene Bäume, doch die Beete sind unbepflanzt.

Die Restaurierung des Pellerhofes trägt zur Aufwertung des Egidienplatzes bei, ist sich der Pfarrer sicher. Seit 2008 setzen die Altstadtfreunde den Arkadenhof Stück für Stück wieder instand. Voraussichtlich 2017 sollen die zum Großteil aus Spenden finanzierten Arbeiten abgeschlossen werden und den Innenhof des Bürgerhauses wieder wie im 17. Jahrhundert aussehen lassen. Lediglich die Fassade von den Architekten Fritz und Walter Mayer aus dem Jahr 1957 bleibt, sie steht unter Denkmalschutz. Heute ist das Spielearchiv hier beheimatet. Jeden Sonntag um 15 Uhr gibt es eine Führung durch das Haus.

Erinnerung an Schule

Eine zweite, deutlich kleinere Statue am Platz bildet Philipp Melanchthon ab. Im Mai 1526 gründete er die „Obere Schule“ — das heutige Melanchthon Gymnasium — im ehemaligen Kloster am Egidienplatz. 1911 zog das Gymnasium in die Sulzbacher Straße um, nur das Denkmal erinnert noch an ihren ersten Standort.

In der anliegenden Inneren Laufer Gasse finden sich mehrere Bars und Restaurants, sowie kleine Geschäfte und Friseursalons. Den Anwohnern am Egidienplatz fehlt es an nichts. Dennoch könnte der Platz attraktiver sein und die historischen Gebäude besser in den Vordergrund stellen — und nicht Glascontainer und Altpapier.

 

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