Ein Beruf mit vielen Facetten

24.1.2013, 00:00 Uhr
Ein Beruf mit vielen Facetten

© Michael Müller

Altenpfleger, ein anstrengender wie erfüllender Beruf. Doch welche Aufgaben müssen erledigt werden? Christel Krumwiede, beim städtischen NürnbergStift zuständig für die Aus- und Fortbildung, stellt ihren Gästen die Frage — die Schüler der 8g melden sich sogleich zu Wort. „Man muss den Älteren Medikamente geben, sie waschen“, antwortet ein Junge. Und merkt an: „Windeln muss man auch wechseln.“ Einige Mitschüler kichern.
Die Stimmung ist locker und entspannt im Schulungsraum des Pflegezentrums Sebastianspital. Christel Krumwiede und ihre Kolleginnen stellen die Arbeit in der Einrichtung vor, die Schüler der 8g hören aufmerksam zu und fragen nach.

Danach dürfen die einen den ambulanten Dienst begleiten, die anderen schnuppern in die Bereiche Pflege, geriatrische Reha und soziale Betreuung hinein. Die 14-jährige Jessica ist schon gespannt auf den Tag. Ob sie in der Altenpflege arbeiten wird? „Ich will das hier erst mal anschauen“, sagt die Schülerin. Und fügt hinzu: „Ich finde es total schön, dass wir unterschiedliche Berufe zu Gesicht bekommen.“
„Das Abenteuer der Berufe“, so heißt das Projekt der Friedrich-Wilhelm-Herschel-Mittelschule. Auf Initiative der Bürgerstiftung Nürnberg erkunden seit dem Schuljahr 2009/2010 die Schüler schon ab der fünften Klasse Betriebe und Einrichtungen. Metzger, Bäcker, Hotel, Autohaus, Supermarkt, Kindergarten und noch mehr: Bei den Besichtigungen sehen die Schüler, welche Anforderungen bestimmte Berufe an sie stellen. Dadurch sollen die Jugendlichen lernen, sich selbst und die eigenen Begabungen besser einzuschätzen.

Ziel vor Augen

Angetan von dem Ansatz ist Susanne Cosyns, Klassenleiterin der 8g: „Meine Schüler haben ein Ziel vor Augen. Sie wissen oft schon, was sie beruflich machen möchten.“ Viele der Heranwachsenden haben einen Migrationshintergrund: „Da ist man froh, wenn man Hilfe bekommt.“ Auch tatkräftige Unterstützung bietet das Projekt: So helfen zwei Mitarbeiter von der Industrie- und Handelskammer (IHK) beim Schreiben der Bewerbung.
Oft stellt sich der vermeintliche Traumberuf im realen Leben als doch zu anspruchsvoll oder nicht attraktiv genug heraus: Die Erkenntnis ist durchaus gewollt. Stephanie Krötzsch von der Bürgerstiftung Nürnberg koordiniert das Projekt und sagt: „Nach einer Besichtigung entscheidet sich so mancher gegen einen bestimmten Beruf.“
Auch vordergründig uninteressante Berufsbilder, wie etwa Altenpfleger, werden bewusst vorgestellt. „Es wird nichts verschwiegen, es wird nichts schöngeredet“, meint Stephanie Krötzsch.
Doch auch die Begeisterung der Menschen vor Ort ist nicht zu übersehen. Die gerontopsychiatrische Pflegefachkraft Christa Behnken etwa wirft bei einer „Biografiestunde“ mit den Senioren im Pflegezentrum regelmäßig einen Blick in die Vergangenheit. „Ich habe hier genügend Zeit, mit den Menschen zu reden — es macht einfach Spaß, sie ein Stück weit zu begleiten“, sagt Christa Behnken. Eine alte Kaffemühle, einen Fleischwolf, eine Milchkanne und weitere Gebrauchsgegenstände aus vergangenen Tagen hat sie mitgebracht. Die alten Bewohner betrachten und berühren diese Alltagsdinge von einst — und erzählen von früher.
Schüler Athanasios sitzt zwischen zwei Bewohnerinnen, die sogleich mit ihm ein Gespräch anfangen. „Plan A ist, dass ich Feuerwehrmann werde“, erzählt der 14-jährige Schüler. Altenpflege ist für ihn eigentlich kein Thema — doch er ist aufmerksam mit dabei. Sein Fazit über den Tag im Sebastianspital? „Spannend“, antwortet Athanasios und grinst.

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