Ein Rugbyteam, das nicht nur den Gegner tackelt

1.10.2014, 11:25 Uhr
Hart, aber herzlich: Die Rugbyspielerinnen des TSV 1846 Nürnberg (rosa Stutzen) schonen sich und ihre Gegner auf dem Feld nicht, feiern hinterher aber trotzdem gemeinsam. Für die nötige Kraft am Abend sorgt "Spielermann" Manuel Wolf am Grill und genügend Proviant in den mitgebrachten Tupperboxen.

© Roland Fengler Hart, aber herzlich: Die Rugbyspielerinnen des TSV 1846 Nürnberg (rosa Stutzen) schonen sich und ihre Gegner auf dem Feld nicht, feiern hinterher aber trotzdem gemeinsam. Für die nötige Kraft am Abend sorgt "Spielermann" Manuel Wolf am Grill und genügend Proviant in den mitgebrachten Tupperboxen.

Von weitem ist es schon zu hören, das aufgeregte Treiben, irgendwo im Wald. Zwei Fußballplätze müssen überquert werden bis schließlich, an der Lichtung am Ende des kurzen Waldwegs, Stimmen zu Gesichtern und Bildern im Kopf Bilder vor den eigenen Augen werden.

Rugby, das raue Spiel für Gentlemen, wird an diesem Tag im Turniermodus von fünf Damenmannschaften ausgetragen. Am Waldsportplatz in Erlenstegen ist Saisonauftakt in der 7er-Rugby-Liga der Damen, an der seit vergangenem Jahr auch das Team des TSV 1846 Nürnberg teilnimmt. Vierzehn Frauen jagen in vier Spielen mit jeweils zwei mal sieben Minuten Spielzeit dem Rugby-Ei hinterher. Sie rennen, tackeln, schmeißen sich in den Weg der Gegner, stehen wieder auf und sprinten weiter.

Auf dem Feld sieht man überwiegend zierliche Frauen, keine Kraftpakete, wie man vielleicht hätte vermuten können. Der Dresscode: enge, schwarze Trikots und Hosen, rosa Stutzen und rosa Trikotnummern. „Viele denken ja, beim Rugby sind nur Schränke dabei, aber es ist eigentlich eine sehr ästhetische Sportart. Wir wollen auch nicht in Trikots spielen, die aussehen wie Zelte“, sagt Anja Czaika, die Kapitänin, die gleichzeitig auch stellvertretende Abteilungsleiterin der Nürnbergerinnen ist.

Enge Trikots, keine Zelte

Den Rugby-Damen ist es wichtig, dass man sie sieht, wenn sie ihr liebstes Hobby betreiben und für ihren Sport werben. „Wir wollen, dass die Leute uns sehen und nicht nur irgendwelche beschrifteten Plakate“, sagt Czaika.

Die 27-Jährige ist die Anführerin des Nürnberger Rugby-Teams. In Nürnberg trainierte sie zunächst bei den Herren mit. Im vergangenen Jahr gründete sie dann das „Nürnberg Women’s Team“: „Am Anfang waren wir fünf Leute, jetzt sind wir schon über 20“, sagt Czaika, die auch abseits des Platzes mit viel Energie an die Sache herangeht und mit großem Enthusiasmus neue Spielerinnen für ihr Team gewinnen konnte und weiterhin dazugewinnen will: „Wir sprechen auch schon mal Mädels einfach auf der Straße an und fragen ob sie Lust haben mal reinzuschnuppern“, sagt sie und ergänzt: „Es kommt aber nicht darauf an, wie viele wir sind, sondern wie viele dann wirklich mit Herzblut bei der Sache sind“, sagt Czaika.

Und das sind sie hier alle: „Wenn ich etwas mache, dann richtig“, sagt Sengül Ramadanov, die an der Seitenlinie auf- und abläuft, derzeit verletzt ist und es deshalb nicht zu hundert Prozent richtig machen könnte. Sie leidet sichtlich darunter, nur als Zuschauerin dabei zu sein. „Ich würde jetzt natürlich viel lieber auf dem Platz stehen“, sagt sie.

Spielermänner an den Grill

Ramadanov ist über ihren Mitbewohner zum Rugby gekommen. „Ich war dann einmal im Training und es hat mir gleich total Spaß gemacht. Durch das Training sind dann auch schnell Erfolge gekommen“, sagt Ramadanov. Heute schreit und zittert sie an der Linie mit „ihren Mädels“ mit. Ihre Anfeuerungsrufe unterbricht sie lediglich, um ein paar entschuldigende Worte und Blicke in Richtung Grillstand zu schicken. Dort harrt Manuel aus, mit dem sie eigentlich zum Dienst eingeteilt ist.

Manuel Wolf ist sozusagen Spielermann und auch ihn hält es nicht die komplette Spielzeit über bei seinen Würstchen. In seinem „Women’s Rugby-Team“-Pullover feuert er seine Freundin Anja Czaika an. „Ich finde das total cool, dass sie Rugby spielt und unterstütze das auch sehr“, sagt Manuel, dem in den spannendsten Spielsituationen schon mal fast die Grillzange aus der Hand fällt, wenn er aufspringt und sich die Haare rauft.

Der Zusammenhalt am Waldsportplatz ist spürbar. Auch die große Gruppe von Jungs am Spielfeldrand zählt zum Support-Team. Es ist die Herrenmannschaft des Vereins, die kurz vor ihrem eigenen Auswärtsspiel noch vorbeischaut und die Damenmannschaft unterstützt. „Sie haben geholfen alles aufzubauen und den Spieltag zu organisieren. Heute Abend kommen sie nach ihrem Auswärtsspiel auch wieder zurück und feiern mit uns“, erzählt der Grillmeister.

Bier gibt es laut dem Schildchen über dem Grill für alle Spielerinnen für 1,50 Euro. Auch bei den motivierten Rugby-Frauen hat der Leistungsgedanke seine Grenzen. Auch die Gegner bleiben in der Regel noch etwas länger. Als „große Familie“ bezeichnet Anja Czaika die Gemeinschaft beim Rugby, aber der Spaß am Spiel ist für sie nach wie vor der Hauptgrund, weshalb sie dabei ist: „Mir gefällt das einfach unglaublich, dieses Hinfallen, wieder aufstehen und losrennen“, sagt sie.

Nur ein Spiel haben die Damen am ersten Spieltag verloren. „Das ist durch“ murmelt Manuel und meint damit nicht das Würstchen vor ihm auf dem Grill, sondern die Partie gegen StuSta München. Alle drei anderen Partien gegen StuSta München II, die SG Bamberg/Bayreuth und Fürstenfeldbruck wurden gewonnen. Ein erfolgreicher Rugby-Tag für die Damen also, nur die Herren kamen am Abend mit einer Niederlage aus Regensburg zurück. Aber sei’s drum. Gefeiert wird nach den Spielen trotzdem gemeinsam – und zwar unabhängig vom Ergebnis.

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