Ericsson sagt Nürnberg erneut Ade

19.12.2014, 10:18 Uhr
Ericsson sagt Nürnberg erneut Ade

© Archiv: Karlheinz Daut

Ende Mai 2015 ist endgültig Schluss. Die Ericsson Mo­dem Nürnberg Gmb H schließt ihre Niederlassung im Hightech-Center Nord komplett. Die Entscheidung hat­te die schwedische Konzernzentrale im fernen Stockholm im September überraschend verkündet. Auch danach fand sich kein Investor, der den Standort mitsamt Mitarbeitern übernehmen wollte. „Darauf gibt es keine berechtigten Hoffnungen“, sag­te Standortleiter Wolfgang Stahl.

Es ist ein Déjà-vu, denn 2002/2003 räumte Ericsson schon einmal in Nürnberg das Feld. 350 Ingenieure mussten sich zwangsläufig umorientie­ren. Fünf Jahre später hieß es: „Wir sind wieder da!“ Der Mobilfunkaus­rüster unterhält heute rund 15 Stand­orte in Deutschland, doch Nürnberg ist der einzige im Land, der aufgege­ben wird. Der Grund: Die Schweden steigen aus dem Geschäft mit Modem-Plattformen für Smartphones aus, es rentiere sich nicht, angesichts des Preisverfalls gegen die chinesische und US-Konkurrenz anzukämpfen.

Ausgerechnet für dieses Geschäft war aber Nürnberg bislang ausschließ­lich zuständig. Überwiegend ent­wickelten die Experten Software für Chips, die im Handy zum Beispiel die Datenübertragung ermöglichen. Außerhalb Deutschlands sind noch 13 weitere Ericsson-Niederlassungen vom Abschied aus diesem Produktseg­ment betroffen. Aufgebaut wird umge­kehrt die Sparte Netztechnik und Infrastruktur: Hier sollen 500 neue Stellen aufgebaut werden — aller­dings im schwedischen Lund. Manch ein Mitarbeiter könnte dort oder in der Deutschland-Zentrale in Düsseldorf neue Aufgaben innerhalb des Konzerns finden. Doch ein Groß­teil ist in Franken verwurzelt. Und das Management ist zuversichtlich, dass die meisten in anderen nordbaye­rischen Betrieben Arbeit finden. Wie Mitgeschäftsführer Stahl berichtet, hat Ericsson bei 80 Arbeitgebern vor­gefühlt, über 30 davon hätten Inte­resse an den Kandidaten bekundet.

Mehr als 20 Firmen kamen überdies in die Gebertstraße im Stadtteil Schaf­hof, um sich der Ericsson-Belegschaft vorzustellen, so dass beide Seiten pro­fitieren können. Ferner kann sich jeder in der internen Jobbörse umgu­cken oder an Kurse teilnehmen. Zeit genug haben die Freigestellten jetzt. Stahls Fazit: „Unsere Angebote an die Mitarbeiter gehen über das Übli­che hinaus.“ Ericsson wolle Sorge tra­gen für eine gute, neue berufliche Zukunft. Der Arbeitsmarkt gebe das her: „Der Zeitpunkt, sich nach einer freien Stelle umzusehen, ist nicht der schlechteste. Wir haben viele Firmen kennengelernt, die händeringend Fachkräfte suchen.“

Der verabschiedete Interessenaus­gleich sieht Abfindungen in nicht genannter Höhe vor. Wer bis Mai noch keinen neuen Job hat, könnte in einer Transfergesellschaft weiterqualifi­ziert werden. Diese Option enthält die Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Bei den Büros in den markanten „Delu-Zylinder“-Türmen ist Ericsson an weiterlaufende Miet­verträge gebunden und wird ver­suchen, Untermieter zu finden.

9 Kommentare